ERFURT. Die konstituierende Sitzung des Landtags von Thüringen hat begonnen. Sie droht von unerbittlichem Parteienstreit dominiert zu werden. Eigentlich sollte die Wahl des neuen Landtagspräsidenten bei der heutigen Zusammenkunft ab 12 Uhr im Vordergrund stehen. Doch bevor es so weit ist, haben CDU und BSW einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung gesetzt.
Damit soll der stärksten Fraktion – das ist seit der Landtagswahl vom 1. September mit großem Abstand die AfD – das Vorschlagsrecht für den Parlamentspräsidenten entzogen werden. Vielmehr sollen auch alle anderen Fraktionen einen Kandidaten benennen dürfen. Linkspartei und SPD haben bereits ihre Zustimmung signalisiert. Damit steht eine Mehrheit für den Antrag und auch für das neue Verfahren.
Landtagspräsident: Muhsal gegen König
Gegen die AfD-Bewerberin Wiebke Muhsal soll der CDU-Abgeordnete Thadäus König ins Rennen gehen. Muhsal ist Juristin, König Politikwissenschaftler. Andere Kandidaten gibt es nicht. Für die Mehrheit braucht König eine breite überfraktionelle Zustimmung. Denn CDU, BSW und SPD, die auch über eine Regierungskoalition verhandeln, kommen nur auf die Hälfte aller Sitze in Thüringen. Benötigt würde noch mindestens ein Abgeordneter der Linkspartei.
Doch die AfD will offenbar verhindern, daß es überhaupt zu einer Kampfabstimmung kommt. Schon den Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung will sie offenbar per Eilantrag beim Landesverfassungsgerichtshof stoppen. Das könnte dauern und zu einer langen Unterbrechung führen.
Denn wie schnell die Richter über den Fall entscheiden, ist unklar. Ein Gerichtssprecher sagte der Thüringer Allgemeinen, das hänge unter anderem davon ab, wie umfangreich die eingehenden Schriftsätze sind und wann sie das Gericht erreichen.
Die zentrale Rolle des Alterspräsidenten
Die AfD hat indes mit dem Alterspräsidenten einen Trumpf in der Hand. Daß der 73 Jahre alte AfD-Abgeordnete Jürgen Treutler die konstituierende Sitzung eröffnet und bis zur Wahl eines Landtagspräsidenten leitet, konnten die anderen Parteien im Vorfeld nicht blockieren. Ihm kommt damit eine zentrale Rolle zu.
Treutler dürfte probieren, massiven Einfluß auf die parlamentarischen Abläufe zu nehmen und vielleicht sogar versuchen zu verhindern, über die Geschäftsordnungsanträge abstimmen zu lassen.
Das wiederum könnte Tumulte auf den Bänken von CDU, Linken, BSW und SPD auslösen. Denn wenn die Geschäftsordnung nicht geändert wird, könnte in den ersten beiden Wahlgängen nur Wiebke Muhsal für das Amt des Parlamentspräsidenten antreten. Es ist jedoch fraglich, ob es überhaupt zu dieser Abstimmung über einen Landtagspräsidenten kommen wird.
JF berichtet zeitnah aus Thüringen
Auf der Tagesordnung steht danach auch die Wahl von vier stellvertretenden Landtagspräsidenten. Sollte diese durchgeführt werden können, gilt es als sicher, daß die anderen vier Fraktionen der AfD auch im fünfköpfigen Präsidium einen Posten versagen werden. Die AfD wäre dann als einzige Fraktion dort nicht vertreten.
Die erste Sitzung des Landtags von Thüringen wird vermutlich auch zur Stunde von Geschäftsordnungs- und Verfassungsexperten werden. Vor allem aber dürfte es laut und feindselig werden.
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(fh)