Wenn es einen Politiker gab, auf den die etwas ausgelutschte Zuschreibung „mit Ecken und Kanten“ paßt, dann sicherlich Friedhelm Farthmann. „SPD-Urgestein“, „rotes Rauhbein“, „echte Marke“ sind weitere Beinamen für den ehemaligen nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialminister sowie langjährigen sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden im Düsseldorfer Landtag.
Farthmann, gebürtiger Westfale, ging nach Jurastudium und Promotion in Göttingen zum DGB und galt später als einer der letzten Exponenten des rechten Gewerkschaftsflügels in der SPD. Nach einem Mandat im Bundestag wechselte er 1975 als Minister nach Düsseldorf. 1977 unterlag er seinem Kabinettskollegen Johannes Rau bei der Wahl zum SPD-Landesvorsitzenden. Dennoch bildeten beide ein politisches Tandem: Rau gab den Landesvater, Farthmann den „Mann fürs Grobe“.
Früh warnte der seine Genossen vor Irrwegen, insbesondere rot-grünen. „Jede andere Alternative ist besser als diese“, meinte er 1986. Im selben Jahr widersprach er seiner Partei mit einem eigenen wirtschaftspolitischen Papier, in dem er für den Energie-Konsens zu Kohle und Kernkraft warb. Und Farthmann geißelte – obwohl einst selbst Frauenbeauftragter der Landesregierung – die Frauenquote als „Tittensozialismus“. Dafür mußte er sich angesichts außer- wie innerparteilicher Empörung entschuldigen.
Farthmann war ein Kämpfer
Der JUNGEN FREIHEIT stand er gelegentlich Rede und Antwort – vor allem aber in schwierigen Zeiten zur Seite. Daß diese Zeitung ständig durch ein Meinungskartell bekämpft werde, finde er schlimm, bekannte er 2005 gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Fünf Jahre zuvor hatte er im JF-Interview gesagt: „Es ist natürlich ein Mangel an Demokratie, wenn nicht das ganze Meinungsspektrum zum Ausdruck kommt. Deshalb ist auch die sogenannte Political Correctness, zumindest deren extreme Ausprägung, so verderblich.“
Als die Jungsozialisten beim Parteitag einen Antrag stellten, „die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft grundsätzlich für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der Partei zu erklären“, wies der Burschenschafter (Gothia Königsberg zu Göttingen) und Sozialdemokrat Farthmann das Ansinnen vehement zurück: „Ich bin 1958 in die SPD eingetreten, weil sie für mich damals die Partei der Freiheit des Geistes war. Wenn heute Funktionäre in Führungspositionen gelangen, die das Dogma der Unvereinbarkeit vertreten und damit Gesinnungsschnüffelei und Blockwartdenken fördern, zeigt das, daß diese Funktionäre vom Kernanliegen der Sozialdemokratie nichts verstanden haben“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT.
Am Montag vergangener Woche, dem 9. Dezember, ist Friedhelm Farthmann im Alter von 94 Jahren gestorben.