DRESDEN. Nach der Festnahme des Grimmaer AfD-Stadtrats Kurt H. während einer Rechtsextremismus-Razzia am Dienstagmorgen hat sich die Partei von ihm distanziert. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wird ein unverzüglicher Parteiausschluß vollzogen“, teilte ein Sprecher der Bundespartei auf dpa-Nachfrage mit. Auch der Landesverband verurteilte H. und beteuerte, nichts von der Gruppierung gewußt zu haben. „Mit ihr verbindet uns weder inhaltlich noch organisatorisch irgend etwas.“ H. sowie sieben weitere Festgenommene sollen eine rechtsextreme Vereinigung gebildet haben, die sich selbst „Sächsische Separatisten“ nenne, teilte der Generalbundesanwalt zuvor mit.
Insgesamt beteiligten sich mehr als 450 Sicherheitskräfte und Polizeibeamte des Landes- und Bundeskriminalamtes am sachsenweiten Einsatz. Auch auf der polnischen Seite von Görlitz (Zgorzelec) nahmen sie einen der Verdächtigen fest. Während der Razzia am Dienstagmorgen soll H. mit einer Langwaffe auf die Polizeibeamten zugegangen sein, berichtet die Leipziger Volkszeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise. Daraufhin habe ein Polizist zwei Warnschüsse abgegeben. Der Kommunalpolitiker erlitt während der Festnahme einen Kieferbruch. Wie es zu der Verletzung kam, werde noch ermittelt.
Auch weiterer Verhafteter soll in AfD aktiv sein
Kurt H. sei auch Schatzmeister der Jungen Alternative in Sachsen. Der ebenfalls festgenommene Kevin R. engagiere sich auch kommunalpolitisch in der AfD. So vertrete er beispielsweise H. bei Ausschuß-Sitzungen in Grimma.
Nach Angaben des Generalbundesanwalts soll es sich bei den „Sächsischen Separatisten“ um eine aus bis zu 20 Personen bestehende Gruppierung handeln, die am „Tag X“, dem erwarteten Zusammenbruch der Bundesrepublik, mit Waffengewalt ein auf das NS-Regime ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen in den neuen Bundesländern errichten wollte. „Unerwünschte Menschengruppen sollen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden.“ Spätestens seit 2020 soll die Gruppe zur Vorbereitung paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung abgehalten haben. „Dabei wurden insbesondere der Häuserkampf, der Umgang mit Schußwaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt.“
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte die Gruppe im Blick. „Bei zentralen Protagonisten dieser Gruppierung handelt es sich um teils sehr junge Rechtsextremisten, die Bezüge zu einer insbesondere im virtuellen Raum aktiven Szene aufweisen“, teilte BfV-Präsident Thomas Haldenwang mit. Konkret nannte er die „Siege-Szene“, die sich von den Schriften des amerikanischen NS-Publizisten James Nolan Mason inspirieren läßt. Darin lobte er unter anderem die antisemitischen Anschläge der 1980er und 1990er Jahre in Europa und rief zur Ermordung politischer Gegner auf.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bedankte sich bei den Polizisten für ihren Einsatz. „Daß der Umgang mit Waffen trainiert und militärische Ausrüstung beschafft wurde, zeigt, wie gefährlich diese Rechtsextremisten sind.“
Unsere Sicherheitsbehörden haben eine weitere mutmaßliche Terrorgruppe von militanten Rechtsextremisten zerschlagen. Ein wichtiger Ermittlungserfolg, der durch die Arbeit des BfV & des BKA möglich wurde. Danke an Polizeibeamte & Spezialkräfte der Bundespolizei für ihren Einsatz. https://t.co/pt1HGvwJ0u
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) November 5, 2024
Ihr sächsischer Amtskollege Armin Schuster (CDU) bezeichnete die Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen als „harten Schlag“ gegen militante Rechtsextremisten. „Den Radarschirmen unserer Verfassungsschutzämter ist es zu verdanken, daß sich diese Gruppe nicht zu einer Terrorgruppe radikalisieren konnte.“ (kuk)