Mann und Frau, verheiratet, plus Kind: Die traditionelle Familie ist statistisch noch immer die verbreitetste in Deutschland. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will aber andere Prioritäten setzen. Für Unverheiratete, Geschiedene, Trennungsfamilien sowie gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Kindern biete das geltende Recht dem Liberalen zufolge keinen passenden Rahmen.
Wie es geändert werden könnte, zeigt das jüngst veröffentlichte Eckpunktepapier zur Reform des Abstammungs- und Kindschaftsrechts. Kernpunkt ist die Einführung der sogenannten Elternschaftsvereinbarungen. Dabei handelt es sich um eine öffentlich beurkundete Vereinbarung zwischen der Mutter des Kindes und einer weiteren Person, die als rechtliches Elternteil anerkannt werden soll.
Die neue Vereinbarung soll vor der Zeugung des Kindes Vorrang gegenüber den „anderen Zuordnungstatbeständen“ haben – darunter der Ehe. Parallel soll die Reform des sogenannten kleinen Sorgerechts in Kraft treten. Dieses gibt den alleinerziehenden Eltern das Recht, Alltagsangelegenheiten des Kindes eigenständig zu entscheiden. Künftig sollen solche Befugnisse durch eine „Sorgerechtsvereinbarung“ zwischen den rechtlichen Eltern und bis zu zwei weiteren beliebigen Personen geklärt werden können.
Buschmanns Ressort: Der Gesetzgeber hat genug Spielraum
Deutliche Kritik kommt von der Familienpolitikerin und AfD-Vizechefin Mariana Harder-Kühnel. Die Vorhaben des Justizministeriums würden „eindeutig“ die im Artikel 6 des Grundgesetzes geschützte Ehe und Familie verletzen, mahnt die Bundestagsabgeordnete gegenüber der JUNGEN FREIHEIT: „Die von der Ampel-Regierung geplanten Änderungen im Abstammungs-, Kindschafts- und Adoptionsrecht zielen im Ergebnis auf eine weitere Entwertung der traditionellen Familie, klassischen Ehe und biologischen Elternschaft ab.“ Solche „Förderung linksideologischer Vorstellungen von Mehreltern- und Regenbogenfamilien oder ‘Mit-Müttern’, die vergleichweise selten vorkommen und allenfalls Minderheiteninteressen entsprechen, gefährdet die Fundamente und damit die Zukunft unserer Gesellschaft“, ist Harder-Kühnel überzeugt.
Das Justizministerium widerspricht der Ansicht. „Aus dem besonderen Schutz der Ehe folgt nicht, daß ein Kind, das von einer verheirateten Frau geboren wird, zwingend den Ehegatten der Frau zum zweiten Elternteil haben muß“, erklärte ein Sprecher auf JF-Anfrage. Für die rechtliche Elternschaft sei vielmehr der zweite Absatz des Artikels 6 entscheidend: „Die Pflege und Erziehung der Kinder sind natürliches Recht und Pflicht der Eltern.“ Details müsse der Gesetzgeber regeln. Ihn verpflichte das Grundgesetz aber nicht, „die rechtliche Anerkennung der Elternschaft von einer Prüfung der Abstammung abhängig zu machen“.
Von Beverfoerde: Familienpolitik als Spielball von Interessen
Unterdessen erkennt die Sprecherin des Bündnisses „Demo für Alle“, Hedwig von Beverfoerde, grundsätzliche Probleme bei den Elternschaftsvereinbarungen. „Hiermit werden von vornherein geplante, von der Natur emanzipierte Konstellationen gefördert, die das Kind zum Spielball finanzieller, ideologischer und emotionaler Interessen von Erwachsenen machen“, kritisiert sie das Vorhaben gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Das Justizministerium verfolge das Konzept, daß Elternschaft sich nicht länger aus natürlicher leiblicher Abstammung ergebe, sondern daß eine gegebenenfalls von der Biologie unabhängige Zuordnung Elternschaft begründen könne.
Auch andere Vorschläge Buschmanns sorgen für Kritik, darunter mit Blick auf Mütter in lesbischen Beziehungen. Wo bislang auch innerhalb einer rechtlichen Lesbenehe eine Stiefkindadoption zur Anerkennung beider Partnerinnen als rechtliches Elternteil notwendig war, können diese künftig die Kinder ohne Adoption für sich beanspruchen. Bei Paaren, deren Kinder nach der Einführung der neuen Vorschriften geboren werden, soll die Partnerin der Mutter, die fortan „Geburtsmutter“ genannt wird, kraft Ehe oder Elternschaftsanerkennung als „Mitmutter“ aufgeführt werden.
LSVD: „Die Realität vieler Regenbogenfamilien würde endlich rechtlich gesichert“
Buschmanns Ressort sieht zudem eine Liberalisierung der bioethischen Vorschriften vor. Bei der künstlichen Befruchtung durch eine private Samenspende kann die Partnerin der Frau, die eine Samenspende ohne ärztliche Beteiligung erhält, bisher mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Diese Strafe soll entfallen. Zusätzlich will das Justizministerium das Samenspendenregister umbauen. Erfaßt werden könnten dann auch Embryonenspenden, die in Deutschland nur bei nichtkommerzieller Anwendung legal sind. Es werde auch rechtlich geprüft, ob die im Ausland durchgeführten und in der Bundesrepublik illegalen Embryonenspenden ebenfalls eingetragen werden könnten.
Darin, ebenso wie bei der Einführung des Begriffs „Geburtsmutter“, sieht von Beverfoerde den Weg zur Legalisierung der Leihmutterschaft: „Dies dient nicht dem Kindeswohl, sondern den Egoismen von Erwachsenen und in hohem Maße den Interessen einer ethisch höchst bedenklichen Reproduktionsindustrie.“ Das Bundesjustizministerium betont, die Leihmutterschaft sei kein Bestandteil des Vorhabens. Allerdings befasse sich eine Sachverständigenkommission mit diesem Thema.
Manchen gehen die Pläne indes noch nicht weit genug. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland lobt das Ministerium dafür, „die Realität vieler Regenbogenfamilien“ endlich absichern zu wollen. Allerdings würden konkrete Vorschläge zu intersexuellen Eltern und nichtbinären Personen fehlen. Voraussichtlich im kommenden Halbjahr soll aus den Eckpunkten ein Gesetzentwurf werden.