BERLIN. Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat gefordert, das Weisungsrecht von Justizministern abzuschaffen. Dieses sieht vor, daß der Bundes- und die Landesjustizminister den ermittelnden Staatsanwaltschaften vorschreiben dürfen, welche Schwerpunkte bei Ermittlungen gesetzt werden dürfen und wie bestimmte Rechtsstreitigkeiten behandelt werden sollen. Zwar dürfen laut aktueller Rechtslage Justizminister nicht direkt in Ermittlungen eingreifen oder sie unterbinden, dennoch wird das Weisungsrecht immer wieder – beispielsweise 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) – kritisiert.
Koppers sagte am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa, in den meisten EU-Mitgliedsstaaten gebe es ein entsprechendes Recht nicht. Zwar betonten die Justizminister immer wieder, sie würden dieses Recht de facto nicht ausnutzen, jedoch hält Koppers das für „nicht glaubhaft“ und fordert: „Dann könnten sie es auch abschaffen.“
Abschaffung des Weisungsrechts als FDP-Wahlkampfthema
Die 62jährige begründet ihre Einschätzung auch mit den aktuellen Umfragewerten der AfD. „Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe – vor allem im Bereich des Rechtsextremismus.“ Wäre die Partei an der Macht, „würde es nicht mehr mit rechtsstaatlichen Mitteln zugehen“, glaubt Koppers.
Auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wird die derzeitige Rechtslage kritisch thematisiert und eine grundlegende Veränderung angekündigt. „Entsprechend den Anforderungen des EuGH passen wir das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften an“, heißt es da. Vor allem die FDP hatte sich im Bundestagswahlkampf 2021 dafür stark gemacht, sie stellt mit Marco Buschmann derzeit den Justizminister – der bisher jedoch keine Initiatve ergriff.
Auch der Deutsche Richterbund teilt die Einschätzung des EuGH. Im November vergangenen Jahres forderte der Verband die Abschaffung des Weisungsrechts, weil es das „Vertrauen in eine objektive Strafverfolgung“ untergrabe. (st)