Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und ihr Stab lassen im Moment kein Fettnäpfchen aus. Mal sind es Stöckelschuhe in der Sahara, mal Maniküre-Termine, während der Nato-Generalsekretär wartet und zuletzt blamierte sich eine von Lambrechts frisch gekürten Staatssekretärinnen mit der Behauptung, es gäbe eine Nato-Vereinbarung, der Ukraine keine Panzer zu liefern. Gegenüber der Bild-Zeitung dementiert das Nato-Hauptquartier das prompt. Das Verteidigungsministerium steht erneut blamiert da.
Vergessen ist da schon fast die „Helikoptermutter“-Affäre der Ministerin. Kurzversion: Lambrecht nimmt ihren Sohn in einem Bundeswehr-Helikopter mit zu einer Dienstreise zu einem Aufklärungsbataillon nach Schleswig-Holstein. Dort besucht sie ein an sich völlig bedeutungsloses Antennenfeld. Als erste Verteidigungsministerin überhaupt. Schöner Nebeneffekt: Das Bataillon ist rein zufällig in unmittelbarer Nähe zu ihrem privaten Urlaubsziel Sylt stationiert, wo Familie Lambrecht dann die Osterfeiertage genießt. Das Ganze wird öffentlich, weil der Sohn der Ministerin und Möchtegern-Influencer Bilder aus dem Helikopter auf seine Instagram-Seite postet.
Ministerium ändert Argumentation
Den Sturm der Entrüstung konterte das Ministerium laut der Welt zuerst mit dem Hinweis, die Ministerin sei Juristin und behalte sich rechtliche Schritte vor. Dann hieß es, es sei grundsätzlich erlaubt, wenn Minister Familienangehörige mitnähmen, sofern diese dafür den in etwa gleichen Preis bezahlen, den eine Reise der Lufthansa in der Economy-Class gekostet hätte und ein „Bundesinteresse“ bestehe. Bezahlt wurde die Reise, auch wenn es sich im geräumigen Helikopter sicher besser sitzt als im beinfreiheitseinschränkenden Lufthansa-Jet. Geschenkt, fast jedenfalls.
Da ein „Bundesinteresse“ etwas zweifelhaft erscheint, beruft sich das Verteidigungsministerium bei dem Familienausflug jetzt auf eine Dienstvorschrift der Bundeswehr, in der es um die Vereinbarkeit von Familien und Beruf geht. Auf die kann sich allerdings jeder Soldat, gleich welchen Ranges, berufen. Wie viele Gefreite wohl in der Vergangenheit Familienmitglieder in Helikopter oder Flugzeug mitnahmen? Der 21 Jahre Alte voll geschäftsfähige Sohn wurde da kurzerhand zum „Kind“ umetikettiert.
Lambrecht allein auf weiter Flur
Immerhin eines ist jetzt klar. Der erweckte Eindruck, als sei das alles ganz normal und gang und gäbe trifft jedenfalls nicht zu. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Enrico Komning, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, ist Ministerin Lambrecht das einzige Mitglied der Bundesregierung, das in dieser Legislaturperiode von Mitnehm-Service des Militärs für ihre Familie Gebrauch gemacht hat.
Wörtlich heißt es: „Der Sohn von Bundesministerin der Verteidigung Lambrecht wurde von der Flugbereitschaft am 13. April 2022 vorschriftsgemäß sowie im Rahmen freier Kapazitäten auf einem dienstlichen Flug der Bundesministerin zu einem Truppenbesuch kostenpflichtig mittransportiert. Zu weiteren Transporten von Verwandten (Paragraph 1589 BGB) im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.“ Der Paragraph führt aus: „Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt.“
AfD will Regelung einstampfen
AfD-Mann Komning lästert: „So ganz gängige Praxis scheint es dann doch nicht zu sein.“ Komning fordert die Bundesregierung auf, die nicht ganz so gängige Praxis grundsätzlich zu überdenken. Es müsse „dringend geprüft werden, ob die Verwandtenmitnahme in Regierungsfliegern gesetzlich auf dringende Notfälle beschränkt werden sollten“. Für Komning ist allenfalls vorstellbar, daß kleine Kinder mitgenommen werden dürften. Erwachsenen Söhnen wie dem Lambrecht-Sproß sei eine Bahnfahrt grundsätzlich zuzumuten, meint Komning.
Mit dem Neun-Euro-Ticket jedenfalls könnte Familie Lambrecht es jetzt rund eine Million anderen Schnäppchen-Jägern gleichtun und etwas Volksnähe zeigen.