BERLIN. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat ihre Forderung nach der Einrichtung eines Parlamentspoeten-Amtes verteidigt. „Poesie kann Politik nicht ersetzen, sondern übersetzen. Übersehenes sichtbar und Technisches sagbar machen“, schrieb die frühere Bundestagsfraktionsvorsitzende am Dienstag auf Twitter.
„Wenn Dichter und Denker mit-reden, dann wird im besten Fall klarer, tiefer, vielleicht manchmal auch heiterer oder wütender gesprochen werden“, ergänzte die Grünen-Politikerin. Sie bezog sich dabei auf die „Klimakrise“, die Corona-Pandemie und die „Lage der Kinder“.
„Sehr kluger Vorschlag im Sinne von Freiheit und Demokratie“
Am Montag hatte sich Göring-Eckardt mit den Initiatoren des Vorschlags getroffen. „Ich unterstütze es, einen neuen diskursiven Raum zwischen Parlament und lebendiger Sprache zu öffnen. Poesie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten“, sagte sie anschließend in Berlin. „Eine starke Kultur und ein wertschätzender Umgang mit unserer Sprache sind essenziell für jede offene Gesellschaft.“ Sie werde die Idee nun im Bundestagspräsidium vorstellen und anregen, „diesen Impuls aufzunehmen“. Auch werde sie öffentlich „für diesen klugen Vorschlag im Sinne von Freiheit und Demokratie werben“.
Heute habe ich mich mit den Initiator*innen für eine #Parlamentspoetin getroffen (klar, mit 2G+). Ich bin von dem Vorschlag begeistert: Mit Poesie einen diskursiven Raum zwischen Parlament & lebendiger Sprache öffnen. Ich trage diese Idee jetzt gerne ins Präsidium des Bundestags. pic.twitter.com/K2XdrpEmlB
— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) January 10, 2022
Die Initiative ging von den Autoren Mithu Sanyal, Simone Buchholz und Dmitrij Kapitelman aus. Ein solches Amt könne „als Irritation, als Störfaktor“ fungieren und gleichzeitig „Brücken bauen“ sowie „Risse in unserer Gesellschaft heilen“. Hierfür solle im Bundestag ein Büro eingerichtet, und ein „jährliches Honorar oder besser Stipendium“ gezahlt werden. Das Amt solle „so divers wie nur irgend möglich“ sein und alle zwei Jahre neu besetzt werden.
Die Schriftsteller hatten ihren Vorstoß an Kanada angelehnt, wo den entsprechenden Posten die Dichterin Louise Bernice Halfe aus dem Volk der Cree innehat. Eines ihrer Gedichte über sogenannte First-Nation-Kinder sei auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht und breit geteilt worden. Bei den Kindern handelt es sich um jene, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts aus ihren Familien herausgerissen und in Umerziehungsschulen gesteckt worden waren. (ls)