SCHWERIN. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gesundheitspolitische Sprecher der AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Thomas de Jesus Fernandes, hat der Landesregierung vorgeworfen, mit falschen Corona-Zahlen das Vertrauen der Bürger verspielt zu haben. „Die von den jeweiligen Landesregierungen in Bayern, Hamburg und nun auch Mecklenburg-Vorpommern verbreiteten falschen Corona-Zahlen, auf deren Grundlage auch massive Einschränkungen der Bürger beschlossen wurden, haben das Vertrauen vieler Bürger erschüttert. Überall wächst die Skepsis – gerade auch wegen solcher Vorfälle“, sagte de Jesus Fernandes der JUNGEN FREIHEIT.
Zugleich kündigte er an, den Vorfall im Parlament aufzuarbeiten, um zu klären, ob die Bürger bewußt getäuscht werden sollten. „Ich werde die Phantasiezahlen von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zu Corona in der kommenden Plenarwoche thematisieren. Ich möchte wissen, wie es zu so einer Ungeheuerlichkeit kommen konnte. Schwesig hat ja auch die Landtagsabgeordneten belogen, die eigentlich die Arbeit der Landesregierung kontrollieren sollen.“
Zuvor war durch einen Bericht der Welt bekannt geworden, daß auch in Mecklenburg-Vorpommern Corona-Infizierte mit unbekanntem Impfstatus generell als ungeimpft gewertet wurden. Dementsprechend lag die Inzidenz unter Ungeimpften nach offiziellen Angaben um ein Zigfaches höher als die der Geimpften. Dies hatte Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) auch als Begründung für weitere Corona-Maßnahmen angeführt.
Ungeimpfte als Sündenbock
So sagte Schwesig am 3. Dezember in einer Rede zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Schweriner Landtag: „In unserem Land liegt die Inzidenz, die Zahl der Infektionen, gewichtet nach einer Woche bei 70 bei Ungeimpften und bei mehr als …, bei 70 bei Geimpften und bei mehr als 1.000 bei Ungeimpften. An 90 Prozent der Ansteckungen sind Ungeimpfte beteiligt. Und das Besondere ist auch, daß es dann die Ungeimpften sind, auch gerade die Älteren, die dann schwer erkranken.“
Wie sich nun aber zeigte, gab es für diese Zahlen keine haltbare Grundlage. Demnach wurden für den 3. Dezember 2021, dem Tag von Schwesigs Rede, laut NDR in Mecklenburg-Vorpommern 1.215 Corona-Neuinfektionen registriert. Nach Welt-Informationen entfielen davon 117 Neuinfektionen auf Geimpfte und 403 auf Ungeimpfte. In 691 Fällen, und damit bei mehr als der Hafte der Neuinfektionen, war der Impfstatus jedoch unbekannt und wurde den Ungeimpften zugerechnet.
Mittlerweile hat das Gesundheitsministerium die Zahlen am 12. Januar nochmals korrigiert. Nun heißt es, daß am 3. Dezember von den gemeldeten Neuinfektionen 211 geimpft und 614 ungeimpft waren. In 385 Fällen sei der Impfstatus nach wie vor unklar.
„Nicht-Geimpfte als Virenschleudern diffamiert“
De Jesus Fernandes warf Schwesig deshalb vor, „offenbar ganz bewußt falsche Zahlen zu den Inzidenzen von Ungeimpften verbreitet“ zu haben. Daß die Regierung auf einer solchen Basis massive Grundrechtseinschränkungen verhängt und „Nicht-Geimpfte als Virenschleudern diffamiert“ habe, sei „ein Skandal erster Klasse“. Das müsse Konsequenzen haben. Schwesig solle sich öffentlich entschuldigen, forderte der AfD-Politiker. „Das gesamte Agieren von Schwesig ist von Angstmache und autoritärer Besserwisserei geprägt. Ihr geht es nicht um echte Gesundheitspolitik, sondern ausschließlich um PR in eigener Sache.“
Mecklenburg-Vorpommern ist nicht das einzige Bundesland, in dem Corona-Infizierte mit unbekanntem Impfstatuts pauschal als Ungeimpfte gewertet wurden und die dadurch entstandene hohe Zahl an Ungeimpft-Neuinfizierten als Grund für härtere Corona-Maßnahmen angeführt wurde. Auch in Bayern und Hamburg handhabten die politisch Verantwortlichen dies so. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte beispielsweise Mitte November die Corona-Maßnahmen mit dem angeblich hohen Inzidenzwert der Ungeimpften begründet.
„Von unseren 3.452 Neuinfektionen in dieser Kalenderwoche sind über 90 Prozent bei Personen ohne vollen Impfschutz“, erklärte er in einer Pressekonferenz und verteidigte so die Einführung der 2G-Regel in der Hansestadt. Tatsächlich ergaben eine parlamentarische Anfrage der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein sowie Recherchen der Welt dann später, daß über Wochen die Zahlen der Corona-Infektionen von Personen mit unklarem Impfstatus den Ungeimpften zugerechnet wurden. (krk)