DORTMUND. Nach einem tödlichen Polizeieinsatz, bei dem ein jugendlicher Messerangreifer aus dem Senegal erschossen wurde, haben linke Politiker schwere Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte erhoben. Sie werfen den beteiligten Polizisten unverhältnismäßige Gewaltanwendung und Vorbehalte gegen Schwarze vor. Während einer Demonstration am Tatort untermauerten zweihundert bis dreihundert Teilnehmer die Kritik an der Polizei.
Am Montag waren Polizisten zu einer Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt gerufen worden. Einem Betreuer war aufgefallen, daß sich ein 16 Jahre alter Jugendlicher, der sich erst seit kurzem in der Einrichtung aufhielt, mit einem Messer bewaffnet hatte. Auch soll Mohammed D. bereits psychisch auffällig gewesen sein. Die alarmierten Polizisten versuchten zunächst, den Senegalesen zu beruhigen.
SPD kritisiert angeblich offene Fragen
Als die Situation eskalierte, versuchten die elf Polizisten vergeblich den Jugendlichen mit Pfefferspray und Taesern außer Gefecht zu setzen. Als dieser mit dem Messer in der Hand auf die Polizeibeamten zu rannte, gab einer sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole ab, von denen fünf den Angreifer in Kiefer, Bauch und Unterarm trafen. Er verstarb wenig später im Krankenhaus.
„Der Fall wirft zu Recht viele Fragen auf“, empörten sich die Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Anja Butsckau, Nadja Lüders, Volkan Baran und Ralf Stoltze in einer gemeinsamen Erklärung. „Gab es angesichts der großen numerischen Überlegenheit tatsächlich keine andere und mildere Möglichkeit, die Gefahr für das eigene Leben abzuwenden?“
Grüne entsetzt über „Schreckenstat“
Die Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes Heide Brenner sowie die Grünen-Ratsfraktionsmitglieder Ingrid Reuter und Ulrich Langhorst zeigten sich über den Tod von Mohammed D. „zutiefst schockiert und fassungslos“: „Wir trauern mit allen, die ihm nahestanden und diese Schreckenstat miterleben mußten.“
Die Grüne Bezirksbürgermeisterin von Dortmund Innenstadt-Nord, Hannah Rosenbaum, kritisierte die Ausrüstung der Beamten. „Wir haben in den letzten Jahren eine zunehmende Aufrüstung der Polizei in der Nordstadt erlebt“, heißt es in einer Stellungnahme. „Diverse Vorfälle und Rassismus-Vorwürfe in der Vergangenheit“ hätten angeblich bei „bei vielen Bürgern mit Zuwanderungsgeschichte“ zu Vertrauensverlusten geführt.
Der Dortmunder Grünen-Abgeordnete Michael Röls drückte gleichfalls seine Anteilnahme aus: „Ich bin tief erschüttert über den Tod des Jugendlichen am vergangenen Montag. Es ist unfaßbar tragisch, daß ein junger Mensch, der nach Deutschland geflüchtet ist, bei einem Polizeieinsatz verstirbt.“ Auch er mache sich „große Sorgen, daß dieser Einsatz zu einem weiteren Vertrauensverlust bei Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe oder mit Migrationshintergrund führen kann“.
Für Linkspartei „ist das Rassismus“
Der Linkspartei-Kommunalpolitiker Luigi Pantisano unterstellte auf dem Nachrichtendienst Twitter den Polizisten Rassismus: „Ganze elf Polizisten waren gestern in Dortmund ‘unfähig’ einem 16jährigen schwarzen Jungen ein Messer abzunehmen. Sie haben sich angeblich so sehr bedroht gefühlt, daß sie ihn mit fünf Schüssen aus einem Maschinengewehr getötet haben. Das nennt sich Rassismus! #BlackLivesMatter“
Später korrigierte sich Pantisano, als er von anderen darauf hingewiesen wurde, daß es sich bei der eingesetzten Schußwaffe lediglich um eine Maschinenpistole handelte, legte aber noch einmal nach: „Die vielen Kommentare aus der rechten Twitterbubble sind der beste Beweis dafür, daß mein Vorwurf stimmt. Wenn ein 16jähriger Schwarzer Junge mit einem Messer von elf Polizisten nicht anders als getötet zu werden gestoppt werden kann, ist das Rassismus.“ (JF)