BERLIN. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, hat die Pläne der Bundesregierung für eine allgemeine Impfpflicht kritisiert. „Wir haben es hier mit einer immer wiederkehrenden Spielart politischer Verantwortungslosigkeit zu tun. Ganz aktuell zeigt sie sich in der Auseinandersetzung über die Impfpflicht, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt hat“, erläuterte er am Mittwoch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Er warne schon seit vielen Jahren, daß eine Politik der Personalknappheit im öffentlichen Dienst in die völlig falsche Richtung führe und irgendwann an Grenzen stoße. „Schon heute fehlen 330.000 Beschäftigte, um alle politisch vorgegebenen Aufgaben sinnvoll zu erfüllen. Zugleich erreichen allein in den nächsten zehn Jahren 1,3 Millionen der rund fünf Millionen Angestellten und Beamten den Ruhestand“, warnte Silberbach.
Sollte der Bundestag eine allgemeine Impfpflicht beschließen, müßte klar sein, wie sie umgesetzt werden soll. „Eine Politik, die sich nicht bequemt, solche Fragen zu beantworten, ist Schaufensterpolitik auf Kosten des öffentlichen Dienstes, seiner Beschäftigten und des Vertrauens in den Staat“, mahnte er. Die neue Bundesregierung drohe, die Bodenhaftung zu verlieren.
Kassenärzte wollen Impfpflicht nicht umsetzen
Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, griff Planspiele für allgemeine Pflichtimpfungen an. „Wir werden unseren Ärzten nicht zumusten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren“, betonte er am Dienstag in der Bild-Zeitung. Arztpraxen seien nicht der Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen. Vielmehr lebten sie vom Vertrauen, das zwischen den Patienten und ihren Ärzten herrsche.
Ähnlich äußerte sich auch der Vize-Vorsitzende des Medizinerverbandes, Stefan Hofmeier. „Die Entscheidung um die Impfpflicht ist eine politische. Wenn die Bundesregierung diese beschließen will, muß sie sich auch um die Umsetzung kümmern.“
Schwesig und Lauterbach für Pflichtimpfungen
Für eine Impfpflicht sprachen sich hingegen Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aus. Am Mittwoch äußerte Schwesig in der Zeit, sie halte Pflichtimpfungen für zwingend notwendig. „Es führt kein Weg an einer Impfpflicht vorbei“, bekräftigte sie.
Lauterbach unterdessen forderte am Dienstag im Fernsehsender RTL eine allgemeine Impfpflicht bis spätestens Mai. „Weil da muß schnell gehen, damit ich die Welle im Herbst noch abwenden kann“, begründete der Politiker seine Haltung.
Vergangene Woche erst hatte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, mit seiner Ablehnung einer allgemeinen Impfpflicht für Aufsehen gesorgt. „Das spaltet die Gesellschaft, da wird zu viel Druck aufgebaut“, sagte er der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Er setze weiterhin auf Überzeugungsarbeit und Aufklärung. (fw)