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Expertenbefragung im Deutschen Bundestag: Anhörung zur Impfpflicht: „Macht keinen Sinn“

Expertenbefragung im Deutschen Bundestag: Anhörung zur Impfpflicht: „Macht keinen Sinn“

Expertenbefragung im Deutschen Bundestag: Anhörung zur Impfpflicht: „Macht keinen Sinn“

Demonstration gegen die Impfpflicht Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER | Markus Ulmer
Demonstration gegen die Impfpflicht Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER | Markus Ulmer
Demonstration gegen die Impfpflicht Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER | Markus Ulmer
Expertenbefragung im Deutschen Bundestag
 

Anhörung zur Impfpflicht: „Macht keinen Sinn“

Mehrere Wissenschaftler haben sich bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag kritisch über eine mögliche Impfpflicht geäußert. Sie werde das Ziel, die Infektionslast zu senken, „nicht erreichen“, erklärte etwa der Immunologe Andreas Radbruch. Epidemiologe Klaus Stöhr verwies auf den deutschen Alleingang bei der Pandemiebekämpfung.
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BERLIN. Mehrere Wissenschaftler haben sich am Montag bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag kritisch über eine mögliche Impfpflicht geäußert. Eine Impfpflicht werde das Ziel, die Infektionslast zu senken, „nicht erreichen“, erklärte etwa der Immunologe Andreas Radbruch. Für den Eigenschutz seien die Impfstoffe zwar „sehr gut geeignet“, sagte der 69jährige. Schon nach der zweiten Impfung gebe es zu „95 Prozent Schutz vor schwerer Erkrankung“. Mit den gegenwärtigen Impfstoffen einen Fremdschutz herzustellen, werde hingegen „unmöglich sein“ und „mache keinen Sinn“.

Deshalb hält Radbruch auch von weiteren Booster-Impfungen wenig. Das Immunsystem gewöhne sich an die Impfstoffe und reagiere immer schwächer, meinte der Professor für Experimentelle Rheumatologie an der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Dies könne man „sehr schön bei der vierten Impfung in Israel sehen, wo der Schutz direkt nach der vierten Impfung gerade mal elf bis dreißig Prozent ist“. Nach der dritten Impfung habe man sein „immunologisches Pulver verschossen“. Das Immunsystem sei so gesättigt, daß es „wahrscheinlich auch auf angepaßte neue Impfstoffe nicht mehr optimal reagiert“. Zudem könnten die Nebenwirkungen mit häufigeren Impfungen zunehmen.

Stöhr verweist auf deutschen Alleingang

Der Epidemiologe Klaus Stöhr verwies auf die weltweite Situation, die sich nicht von der in Deutschland unterscheide. Das Virus zirkuliere überall in der Bevölkerung. Der Glaube hierzulande, man könne Infektionen verhindern, stelle weltweit ein „Alleinstellungsmerkmal“ dar. Kontaktbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen seien „relativ wirkungsarm beziehungsweise wirkungsfrei“, bemerkte der 63jährige.

Zwischen 50 und 90 Prozent der Corona-Patienten in den Krankenhäusern seien reine „Zufallsbefunde“. Das Virus werde lediglich „durch das intensive Testen und natürlich Erkrankungen“ wahrgenommen. „Gegenwärtig würde die allgemeine Impfpflicht dazu führen, daß die Einzelinfektionen zwar abnehmen würden, aber die Krankheitslast würde sich nicht dramatisch reduzieren“, war sich Stöhr sicher. Schlußendlich bleibe es dabei: „Alle werden sich infizieren.“ Todesfälle werde es weiterhin geben und könnten durch keine Maßnahme verhindert werden.

Juristen sehen Impfpflicht skeptisch

Auch mehrere juristische Sachverständige warnten die Bundestagsabgeordneten vor der sofortigen Einführung einer Impfpflicht. „Es gibt keine tragfähige Begründung, warum im Herbst eine Überlastung des Gesundheitswesens drohen sollte“, sagte Robert Seegmüller vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter. „Man kann eine Impfpflicht nicht mit Risiken begründen, die nur hypothetisch sind“, pflichtete die Rechtswissenschaftlerin Frauke Rostalski von der Universität Köln bei.

Die Krankenkassen sorgen sich vor allem vor zusätzlichen Aufgaben. Politiker der Regierungsparteien hatten vorgeschlagen, daß die Kassen die Impfpflicht umsetzen. „Wir können auf keinen Fall 60 Millionen Versicherte anschreiben“, betonte Doris Pfeiffer vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen.

Droht Überlastung des Gesundheitssystems?

Zudem wurde im Verlauf der Anhörung die mögliche Überlastung des Gesundheitssystems thematisiert. Die Gesamtauslastung der deutschen Krankenhäuser sei in den letzten zwei Jahren entgegen der Verlautbarungen dramatisch zurückgegangen, bemerkte der Datenanalyst Tom Lausen. Eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems lasse sich aus den vorliegenden Daten „überhaupt nicht erkennen“.

Die Frage, auf welcher Datengrundlage der Deutsche Ethikrat vor einer Überlastung des Gesundheitssystems warne, konnte deren Chefin Alena Buyx nicht beantworten. Dies sei nicht die Aufgabe des Ethikrats, antwortete die 44jährige. „Wir haben uns in unseren Publikationen seit März 2020 auf die drohende Überlastung des Gesundheitssystems deswegen bezogen, weil diese eine rechtliche Begründung, eine rechtliche Begründungsmöglichkeit, für einschränkende Maßnahmen darstellt“, so Buyx. „Der Deutsche Ethikrat ist nicht ein Gremium, daß selbst auf der Grundlage von Daten einschätzt oder bewertet, wann eine solche Situation vorliegt.“

Impflücke schließen

Andere Sachverständige und Interessengruppen sahen eine Impfpflicht hingegen positiv. „Es besteht die Gefahr, daß wir zu langsam sind, wenn wir erst in einigen Monaten über die Impfpflicht entscheiden“, warnte Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Es sei „nach wie vor wichtig, die Impflücke zu schließen“. „Wenn man zu spät beginnt, läuft uns die Zeit davon“, sagte auch Christine Falk von der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Der Deutsche Städtetag sprach sich klar für eine allgemeine Impfpflicht aus. „Diese Frage muß sorgfältig angegangen und kurzfristig beantwortet werden“, hieß es in der Stellungnahme des kommunalen Spitzverbandes.

Ein Gesetzentwurf von Bundestagsabgeordneten aus den drei Regierungsparteien sieht eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vor. Der konkurrierende Entwurf von Abgeordneten um den FDP-Politiker Andrew Ullmann will eine Beratungspflicht für alle Erwachsenen einführen – mit der Möglichkeit, später eine Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren zu schaffen. Ein Antrag der Union beeinhaltet ein stufenweises Verfahren, demzufolge die Impfpflicht bei Bedarf durch einen Beschluß aktiviert werden soll. Zudem liegen zwei Antrage gegen eine Impfpflicht vor – von der AfD und einer Gruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki. (ha)

Demonstration gegen die Impfpflicht Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER | Markus Ulmer
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