BERLIN. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt die weitere Aufnahme von Flüchtlingen ab. Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Diakonie Deutschland ergab, sind 62,5 Prozent der Ansicht, Deutschland sollte angesichts weltweit steigender Flüchtlingszahlen nicht noch mehr Schutzsuchende aufnehmen. 28 Prozent antworteten auf eine entsprechende Frage mit Ja. Der Rest war unentschieden.
Auffallend ist die Deutlichkeit derjenigen, die mit Nein antworteten. 47,3 Prozent der 5.000 Befragten sagten „Nein, auf keinen Fall“, 15,2 Prozent „Eher nein“. Auf der anderen Seite gaben 14,4 Prozent „Ja, auf jeden Fall“ und 13,2 Prozent „Eher ja“ an.
Integration laut Mehrheit nicht gelungen
Auch blickt eine große Mehrheit mit Skepsis auf die Integration. Auf die Frage, ob die Zuwanderer der vergangenen zehn Jahre gut in der deutschen Gesellschaft angekommen sind, sagten 57,8 Prozent „Nein, auf keinen Fall“ oder „Eher nein“. 12,5 Prozent kreuzten hingegen „Ja, auf jeden Fall“ oder „Eher ja“ an. Knapp 28 Prozent sagte „Teils / teils“, der Rest „weiß nicht“. Der Ja-Anteil war vor allem unter Studenten überdurchschnittlich hoch, während Selbständige, Rentner und Arbeitnehmer die Integration eher als gescheitert ansehen.
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, die Ergebnisse hätten ihn zwar nicht überrascht, aber ernüchtert. „Denn ganz offensichtlich werden die Aufnahme von Flüchtlingen und ihre Integration von einer Mehrheit der Deutschen nicht als Erfolgsgeschichte wahrgenommen und beschrieben. Nicht jede und jeder, der Migration kritisch sieht, ist dabei rechtsextrem. Aber ohne diesen Resonanzboden hätten es die furchtbaren rechten Vereinfacher mit ihrer ‘Wir-oder-ihr’-Logik viel schwerer, daraus politischen Profit zu schlagen.“
Kritik an EU-Außengrenzkontrollen
Lilie rief die Politik dazu auf, Integration, Bildungs- und Sozialpolitik zusammen zu denken. Migranten müßten in ihrem nahen Umfeld integriert werden. „Wir müssen auch die erfolgreichen Integrationsgeschichten hörbar und Deutschland als das Einwanderungsland, das es faktisch ist, positiv erlebbar machen. Es braucht diese guten Geschichten, um die Entweder-oder-Narrative leiser werden zu lassen.“ In einer Mitteilung kritisierte die Diakonie die Kontrollen an den EU-Außengrenzen, die dort als „sogenannter ‘Schutz ’“ bezeichnet wurden.
Die Zahl der Asylanträge ist im Mai 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 120 Prozent gestiegen. Ähnliches ist im Mittelmeer zu beobachten, über das deutlich mehr Einwanderer nach Europa kamen als in den vergangenen Jahren.
Eine Studie der Universität Münster war zu dem Ergebnis gekommen, daß europäische Gesellschaften, auch die deutsche, identitätspolitisch gespalten seien. Ein Aspekt ist demnach auch die Zuwanderung, die von einem Teil als Chance gesehen und von dem anderen skeptisch beäugt wird. (ls)