BERLIN. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hat eine Klarnamenpflicht für soziale Medien gefordert. „Der Klarnamenszwang bei Social-Media-Angeboten ist kriminalpolitisch richtig. Zwischen Haßbotschaft und Strafbefehl dürfen höchstens drei Wochen liegen“, sagte Wendt am Dienstag der Bild-Zeitung. Um dies umzusetzen, brauche es zudem 25.000 neue Stellen bei der Polizei und im Justizwesen.
Anlaß für den Vorstoß ist ein für Donnerstag erwarteter Entscheid am Bundesgerichtshof. Zwei Facebook-Nutzer klagen gegen den US-Konzern, weil dieser unter Berufung auf seinen Klarnamenzwang die beiden Personen gesperrt hatte. Die Kläger sehen darin einen Verstoß gegen das Telemediengesetz, laut dem Nutzerkonten „nicht mit Angaben zur Identifikation des Trägers des Pseudonyms zusammengeführt werden können“.
AfD für Recht auf Anonymität
Beim Oberlandesgericht München waren die beiden Kläger jedoch unterlegen. Die Richter argumentierten, Facebook sei nicht dazu verpflichtet, die Nutzung seiner Dienste unter Pseudonym zu ermöglichen. Die Verpflichtung, in dem sozialen Netzwerk denselben Namen wie im realen Leben zu verwenden, benachteilige die Nutzer nicht in unangemessener Weise.
Die AfD spricht sich mit Nachdruck für ein Recht auf Anonymität im Internet aus. „Die Forderung der DPolG ist vollkommen abwegig. Niemand trägt auf der Straße ein Namensschild. Die Gründe dafür sind gut und gelten genauso im Internet: Die Privatsphäre ist in Deutschland gesetzlich geschützt. Dazu zählt auch der Name. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche“, sagte die Digitalpolitikerin Joana Cotar am Mittwoch. Wer seine Meinung äußere, müsse dies auch anonym können, ohne Angst vor Übergriffen zu haben. Die neue Regierung müsse den „DPolG-Überwachungsplänen unmißverständlich zurückweisen“. (ls)