BERLIN. Die Grünen drängen auf eine Änderung des Bundeswahlgesetzes, um den Antritt kleinerer Parteien zur Bundestagswahl zu garantieren. Grund ist die gesetzliche Hürde, daß Parteien, die nicht im Bundestag oder mit einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten in Landesparlamenten vertreten sind, Unterstützungsunterschriften sammeln müssen, um bei der Bundestagswahl kandidieren zu können.
Die notwenige Anzahl an Unterstützungsunterschriften für sogenannte „nicht etablierte Parteien“ liegt je nach Bundesland zwischen 474 und höchstens 2.000. Durch die Corona-Pandemie und die geltenden Beschränkungen ist es für die Parteien deutlich schwieriger, die notwendigen Unterschriften zu sammeln. Die Grünen haben deshalb einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der vorsieht, die Zahl der erforderlichen Unterstützerunterschriften auf 30 Prozent des geltenden Werts zu verringern, berichtet der Spiegel.
Absenkung schon bei vergangenen Landtagswahlen
Der derzeitige Zustand sei verfassungswidrig, warnt die Fraktion darin. „Wahlfreiheit muß auch in Zeiten der Coronapandemie gewährleistet werden. Es ist eine Frage der Fairneß, daß bei der Bundestagswahl auch Parteien antreten können, die bisher nicht in Parlamenten vertreten sind“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, dem Magazin.
Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hatte bereits der dortige Verfassungsgerichtshof festgelegt, daß die Zahl der zu sammelnden Unterstützungsunterschriften wegen der Corona-Pandemie verringert werden mußte. Geklagt hatten unter anderem die Linkspartei, die ÖDP, die Freien Wähler und die Piratenpartei.
In Rheinland-Pfalz hatte der Landtag beschlossen, daß statt 2.080 Unterschriften nur 520 für das Einreichen einer Wahlliste erforderlich waren.
Union teilt Kritik
In Berlin gab der Landesverfassungsgerichtshof Ende März den Anträgen mehrerer kleiner Parteien, darunter ÖDP, Freie Wähler und Piratenpartei, statt, daß die zuvor per Gesetz um 50 Prozent verringerte Anzahl der notwendigen Unterschriften nicht ausreiche, um ihre Rechte auf Chancengleichheit als Parteien zu wahren.
Für die Wahl des Bundestags gibt es bislang keine solche Neuregelung oder Anpassung an die Corona-Lage. Laut dem Bericht hätten hiergegen bereits die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands sowie die ÖDP vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.
„Wir können nicht akzeptieren, daß die Koalition das Thema aussitzt, wegen des Widerstands der SPD handlungsunfähig ist und das Parlament so in dieser Sache keine Entscheidung trifft“, mahnte Grünen-Politikerin Haßelmann. Unterstützung hierfür kam von der Union. Der Justiziar der Bundestagsfraktion, Ansgar Heveling, sagte dem Spiegel, er halte es „für sinnvoll, eine Absenkung der Unterschriftenvorgaben im Wahlgesetz für die Bundestagswahl in Erwägung zu ziehen“. (krk)