BERLIN. Das langjährige Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Peter Hahne, hat den sogenannten Themen-Gottesdienst einer Hamburger Gemeinde zum 150. Geburtstag von Rosa Luxemburg scharf kritisiert. „Hier zeigt sich geballt das ganze Elend der heutigen Kirche: Es wird eine Ideologie gefeiert, die Millionen von Christen auf dem Gewissen hat. Die Geschichte der DDR ist in den Köpfen dieser Ideologie-Theologen bereits ausgeblendet. Aber erst recht die kommunistischen Rosa-Luxemburg-Diktaturen des vorigen Jahrhunderts mit ihren Gulags und Guillotinen für Christen“, sagte der frühere ZDF-Moderator am Freitag der JUNGEN FREIHEIT.
„Hier zeigt sich, daß Glaubens- und Bildungsnotstand zwei Seiten derselben Medaille sind. Und wenn Dummheit sich bei diesen Zeitgeistlichen mit Ideologie mischt, dann wird es gefährlich.“ Der Gottesdienst am kommenden Sonntag in der Auferstehungskirche in Hamburg-Lurup ist auf der Internetseite der Gemeinde mit dem Titel angekündigt: „Mensch sein ist vor allem die Hauptsache“. Zwar sei Luxemburg eine Sozialistin gewesen. Doch mit dem Gottesdienst wolle man eine „bedeutende Frau“ ehren, „die uns heute noch Inspiration sein kann“. Der zuständige Pastor war für eine JF-Anfrage am Freitag nicht zu erreichen.
Bei Luxemburg habe es sich um eine „feinsinnige Frau“ gehandelt, die „unbeirrt“ ihren eigenen Weg gegangen sei. „Aus dem tiefen Schatz ihrer unbestechlich klaren Gedanken und ihres Engagements für eine menschliche Welt schöpfen wir in diesem Gottesdienst.“
Hahne wirft Kirche „Etikettenschwindel“ vor
Für Hahne ist das völlig unverständlich. „Auferstehungskirche? Was für ein Etikettenschwindel. Wäre die Auferstehung Christi keine historische Tatsache, Jesus Christus würde sich im Grabe umdrehen. Hier feiert man nicht Jesus, den Begründer eines Glaubens der Barmherzigkeit, sondern Rosa, die Stichwortgeberin von Schreckensregimen.“
Es sei nicht nachvollziehbar, warum die EKD „zu solch dümmlichem Unfug“ schweige, „der die letzten Wohlmeinenden und Gutgläubigen aus den Kirchen vertreibt“. Der Exodus werde auf diese Weise nur noch stärker vorangetrieben.
Luxemburg propagierte Gewalt
Die am 5. März 1871 im galizischen Teil Polens geborene Rosa Luxemburg war Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands. Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution 1918 gründete sie den Spartakusbund. In dessen Programm, das Luxemburg verfaßt hatte, hieß es: „Auf, Proletarier! Zum Kampf! Es gilt eine Welt zu erobern und gegen eine Welt anzukämpfen. In diesem letzten Klassenkampf der Weltgeschichte um die höchsten Ziele der Menschheit gilt dem Feinde das Wort: Daumen aufs Auge und Knie auf die Brust.“
Sie befürwortete Gewalt, solange sie dem Proletariat nütze, und war gegen die Demokratie. Ein häufig zitierter Satz der Revolutionärin lautet: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ Allerdings wird dies massiv fehlinterpretiert und aus dem Zusammenhang gerissen verwendet, wie der Potsdamer Historiker Ernst Piper darlegte. Luxemburg schrieb dies als Randbemerkung in einem Aufsatz mit dem Titel „Zur russischen Revolution“, in dem sie Lenins Revolution lobte, dessen Einschränkung der Freiheitsrechte kritisierte. Allerdings rückte Luxemburg in ihrem eigentlichen Text nicht von der Forderung ab, eine „Diktatur des Proletariats“ einzuführen. (ls)