Sie sind der Politik ein wachsender Dorn im Auge: Die sogenannten Querdenker, die die Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie teilweise rigoros ablehnen und für ihr Anliegen auch auf die Straße gehen.
Anfangs noch als verschrobene Verschwörungstheoretiker abgetan, mehren sich mittlerweile die Rufe nach einem härteren Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen die Querdenken-Bewegung. Diese würde sich mit Rechtsextremisten und Reichsbürgern vernetzen und wachse zu einer Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung heran, lauten die Warnungen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fürchtet sogar die Entstehung einer neuen „Corona-RAF“ aus den Reihen der Querdenker und auch Thüringens Verfassungsschutz-Präsident Stephan Kramer sieht eine „Radikalisierungstendenz“. Die Zeichen stehen also auf Alarm.
Keine umfassende Beeinflussung durch rechte Szene
Ein etwas anderes Bild bietet dagegen ein internes Gutachten des Bundeskriminalamts von Ende November, das sich mit den Querdenker-Protesten auseinandersetzt. Zwar sieht die fünfseitige Analyse mit dem Titel „Aktuelle Entwicklungen im Protestgeschehen im Kontext der ‘Covid-19“-Pandemie“ zumindest auch in Teilen eine „Radikalisierungstendenz bei Einzelpersonen oder Kleinstgruppen“ der Anti-Corona-Demos.
Wenn es zu Gewalt komme, gehe diese bislang aber nur von einer „radikalen Minderheit aus“, heißt es wie zur Entwarnung in der Zusammenfassung. „Ein Überschwappen etwaiger Radikalisierungsprozesse auf breite zivil-demokratische Bevölkerungsschichten steht derzeit weiterhin nicht zu erwarten.“
Das bedeutet allerdings nicht, daß das BKA die Querdenken-Demos für gänzlich ungefährlich hält. So habe man „auch Teilnehmer aus dem rechtsextremistischen, zum Teil gewaltorientierten Spektrum bzw. (rechtsorientierte) Hooligan-Gruppen auf Veranstaltungen registriert“, deren Beteiligung seien aber nicht „prägender Natur“. Auch hätten Personen aus dem Reichsbürgerspektrum teilgenommen. Jedoch: Eine umfassende Beeinflussung beziehungswiese Unterwanderung der Proteste durch die rechte Szene lasse sich derzeit nichtfeststellen.
Warnung vor linker Gewalt
Als wirkliches Problem hat das BKA dagegen den wachsenden Anteil der linksextremen Szene an den Gegenprotesten zur Querdenken-Bewegung ausgemacht. Diese würde von den Linksextremisten zunehmend als „von ‘Rechten‘ dominiert bzw. faschistisch geprägt“ angesehen. Militante Kleingruppen suchten daher gezielt die Auseinandersetzung und Konfrontation mit Teilnehmern der Corona-Proteste.
Dabei komme es auch, wie im November in Leipzig, zu brutalen Gewaltattacken, die mitunter von den zuständigen Ermittlungsbehörden als versuchte Tötungsdelikte gewertet würden. Zu berücksichtigen sei ferner, daß neben tatsächlichen „Rechten“ auch Personen ins Zielspektrum der linken Szene geraten könnten, die – nur weil sie an den Demonstrationen teilnähmen – irrtümlicherweise für rechts gehalten würden. Gleiches gelte für Polizisten und Mitarbeiter der Ordnungsbehörden, so das Gutachten, das auch der JF vorliegt.
Dessen Echtheit räumte nun eine Sprecherin gegenüber dem Nordkurier ein. Gleichzeitig bestätige sie der Zeitung, daß das BKA juristisch gegen einen Verantwortlichen der Seite mutigmacher.org vorgehe, der das Papier zeitweise im Internet veröffentlich hatte. Warum das BKA die Zusammenfassung als interne Verschlußsache eingestuft habe, die nur für den Dienstgebrauch zu verwenden sei, anstatt sie selbst zu veröffentlichen, wollte die Sprecherin jedoch nicht sagen. Ebenso wenig, warum das BKA gegen deren Veröffentlichen auf mutigmacher.org vorgehe.
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