FRANKFURT/MAIN. In der Nacht zu Donnerstag sind zwei weitere Flugzeuge mit rund 500 Personen aus Afghanistan am Frankfurter Flughafen gelandet. Die Maschinen, eine von Lufthansa und eine von Uzbekistan Airways, waren laut der Deutschen Presse-Agentur wenige Stunden zuvor in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gestartet.
Das Verteidigungsministerium teilte unterdessen am Donnerstag morgen mit, in der Nacht sei ein weiteres Transportflugzeug mit weiteren 211 schutzbedürftigen Personen aus Afghanistan evakuiert worden. „Eine weitere Bundeswehrmaschine hat deutsche Staatsbürger, Ortskräfte und weitere gefährdete Personen von Kabul nach Taschkent gebracht – damit steigt die Zahl der Evakuierten auf mehr als 900.“ Die US-Armee brachte nach eigenen Angaben bislang rund 5.000 Personen aus dem Land.
In der Nacht konnten wir weitere 211 zu Schützende aus #Afghanistan evakuieren. Eine weitere Bundeswehrmaschine hat deutsche Staatsbürger, Ortskräfte und weitere gefährdete Personen von Kabul nach Taschkent gebracht – damit steigt die Zahl der Evakuierten auf mehr als 900. pic.twitter.com/08MBaey71i
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) August 19, 2021
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte am Mittwoch, die Bundeswehr habe nach ihrer Ankkunft in Kabul sofort eine „funktionierende Luftbrücke“ aufgebaut. „Es ist ganz klar: Die Bundeswehr wird so lange wie möglich, so schnell wie möglich, so viele Menschen wie möglich dort rausholen.“
In der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses berichtet Ministerin @akk über den aktuellen Stand der Evakuierung aus #Afghanistan. Seit Montag hat die #Bundeswehr unverzüglich eine funktionierende Luftbrücke aufgebaut. Wir evakuieren so lange und so viele wie möglich. pic.twitter.com/dqM5aW7lID
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) August 18, 2021
EU-Innenkommissarin fordert Einsatz von EU-Ländern
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson drängt indes darauf, „legale, sichere und organisierte Wege“ aus Afghanistan nach Europa zu schaffen. „Die Lage in Afghanistan ist eindeutig nicht sicher und wird es auch noch einige Zeit nicht sein“, sagte sie laut einer Mitteilung bei einem Treffen mit den EU-Innenministern. „Wir sollten Menschen davon abhalten, über unsichere, irreguläre und unkontrollierte Routen, die von Schmugglern geführt werden, Richtung Europäische Union zu ziehen.“
Ihren Angaben nach seien 80 Prozent der zur Flucht gezwungenen Menschen Frauen und Kinder. Seit Januar seien rund 550.000 Afghanen innerhalb des Landes vertrieben worden, zusätzlich zu den 2,9 Millionen, die schon zuvor innerhalb Afghanistans geflohen waren.
Der Migrationsexperte Gerald Knaus, auf dessen Initiative das EU-Türkei-Abkommen von 2016 beschlossen worden war, forderte die Bundesregierung auf, ein klares Aufnahmekontingent für gefährdete Afghanen zu nennen. Die Länder der Koalition, die in den vergangenen Jahren in Afghanistan gekämpft hätten, müßten nun vorangehen, sagte der Vorsitzende des Berliner Thinktanks Europäische Stabilitätsinitiative dem Evangelischen Pressedienst. Deutschland solle ebenso wie Kanada mindestens ein Kontingent von 20.000 Personen anstreben. In Afghanistan warteten weit über Hunderttausend auf Hilfe.
Dobrindt und Gauland gegen generelle Flüchtlingsaufnahme
Dafür sprechen sich auch mehrere deutsche Politiker aus. Allerdings ernten solche Forderungen auch Ablehnung. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte am Donnerstag der Neuen Osnabrücker Zeitung, Ziel müsse es sein, Deutsche und die afghanischen Ortskräfte auszufliegen. Es könne aber keine allgemeine Zusage für die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten geben. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, die afghanischen Probleme ließen sich in Deutschland lösen.
Auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland äußerte sich ähnlich. Deutschland trage Verantwortung für die Ortkräfte, die für die Bundeswehr gearbeitet hätten. Eine Aufnahme müsse aber auf genau diese Menschen begrenzt sein, unterstrich er im Deutschlandfunk. Sobald die Taliban eine Regierung gebildet hätten, müsse man zudem die Abschiebung von straffälligen, abgelehnten Asylbewerbern aus dem Land wieder aufnehmen. (ls)