BERLIN. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Schönfärberei in der Corona-Krise vorgeworfen. „Ich habe es als – sagen wir – mutig empfunden, daß versichert wurde, jeder Arbeitsplatz werde erhalten bleiben und niemand werde Einbußen erfahren“, sagte er der Welt am Sonntag. Altmaier hatte das zu Beginn des Lockdowns versichert. Schäuble nannte es „gewagt“ zu glauben, wenn die Wirtschaft weltweit um zehn Prozent einbreche, werde alles fröhlich so weitergehen wie früher.
Der Christdemokrat warnte vor den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. „Man muß klar sagen: Diese Krise wird uns alle treffen. Wir müssen darauf achten, die Lasten einigermaßen fair zu verteilen und denen besonders helfen, die besonders leiden.“ Für viele Menschen werde diese Krise „erhebliche Einschränkungen bringen“.
Die Sorgen wegen der derzeit im Land stattfinden Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie teile er nicht. Sie bewiesen, „daß unsere Gesellschaft eine offene ist“, betonte Schäuble. Zugleich mahnte er jedoch, „zu Extremisten Abstand zu halten, um sich nicht auf die eine oder andere Art anzustecken“.
Merkel verteidigt Einschränkungen
Unterdessen verkündete Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei), die Corona-Maßnahmen in seinem Bundesland ab dem 6. Juni zu beenden. Er wolle den „allgemeinen Lockdown aufheben und durch ein Maßnahmenpaket ersetzen, bei dem die lokalen Ermächtigungen im Vordergrund stehen“, sagte er der Thüringer Allgemeinen. Demnach sollten nur noch Empfehlungen an die Bürger ausgesprochen werden. Das würde ein Ende der Kontaktverbote und der Pflicht für Mund-Nasen-Schutzmasken bedeuten. Statt landesweiter Vorgaben könnte es lokale Regelungen in dem Bundesland geben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte am Samstag die Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Sie seien notwendig gewesen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, begründete sie die Maßnahmen in einer Videobotschaft. Zugleich räumte sie ein: „Natürlich sind wir jetzt bei den Lockerungen der Beschränkungen immer wieder begründungspflichtig, warum wir etwas noch nicht aufheben und warum wir etwas schon lockern können.“ Daher müsse immer wieder die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen abgewogen werden.
In den vergangenen Wochen war es in mehreren deutschen Städten zu Demonstrationen gegen die Corona-Einschränkungen gekommen. An den Kundgebungen nahmen mehrere tausend Menschen teil. In Stuttgart hatten Gegendemonstranten Teilnehmer angegriffen und eine Person lebensgefährlich verletzt. (ag)