BERLIN. Die AfD hat den Vorwurf, sie sei extremistisch und strebe verfassungsfeindliche Ziele an, erneut zurückgewiesen. Der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen betonte, seine Partei wolle „die Demokratie stärken, nicht schwächen“. Es treffe ihn, wenn die AfD außerhalb des demokratischen Konsenses gestellt werde, sagte er bei der Vorstellung der Tätigkeit der parteiinternen Arbeitsgruppe „Verfassungsschutz“ am Donnerstag in Berlin.
Ihr Leiter, der AfD-Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig, kündigte an, die Partei werde nun prüfen, gegen die Einstufung der Jungen Alternative und des „Flügels“ als Verdachtsfälle durch den Verfassungsschutz juristisch vorzugehen.
Murswiek wirft Verfassungsschutz methodische Fehler vor
Der von der Partei beauftragte Staats- und Verfassungsrechtler Dietrich Murswiek kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß „weniger als 20 Prozent der vom Verfassungsschutz als relevant“ eingestuften Aussagen der AfD tatsächlich „verfassungsschutzrechtlich relevant“ zu bewerten seien. „Über 80 Prozent der Bewertungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz halte ich für falsch“, sagte der emeritierte Professor für Öffentliches Recht an der Universität Freiburg.
Der Verfassungsschutz hatte in einem Gutachten 470 Meinungsäußerungen von Mitgliedern der AfD ausgewertet und 400 davon als unvereinbar mit mindestens einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eingestuft. Neben den wenigen Zitaten, die auch nach Einschätzung von Murswiek verfassungsschutzrechtlich relevant sind, gebe es eine „erhebliche Anzahl“, die mehrdeutig seien und für die der Jurist eine Klarstellung durch die Partei empfiehlt.
Allerdings weist der von der AfD beauftragte Gutachter darauf hin, daß auch die von ihm als relevant eingestuften Aussagen „nicht ohne weiteres als Anhaltspunkt für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung angesehen werden können.“ Wenn jemand mit einer Äußerung gegen ein Schutzgut der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoße, bedeute dies nicht automatisch, daß er dieses Schutzgut auch abschaffen wolle. Murswiek kritisierte in diesem Zusammenhang, der Verfassungsschutz mache den methodischen Fehler, „den Unterschied zwischen tatsächlichen Anhaltspunkten für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung und inhaltlich mit einem Verfassungsgrundsatz unvereinbaren Äußerungen zu verwischen“.
Haldenwang hatte AfD als „Prüffall“ bezeichnet
Die Einordnung einer Partei als extremistisch dürfe das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht „auf der Basis politischer Bewertungen vornehmen“, betonte der Staatsrechtler. Die Behörde könne eine Partei nur dann beobachten, „wenn es hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, daß sie verfassungsfeindliche Ziele verfolgt“, sprich die freiheitliche demokratische Grundordnung oder eines ihrer Prinzipien zu beseitigen.
Keine Rolle dürfe dabei spielen, ob Aussagen von Parteifunktionären anderen als „rhetorisch radikal, politisch unkorrekt oder empörend“ vorkämen, stellte Murswiek fest. Es sei nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, „Parteien nach politischen oder moralischen Gesichtspunkten zu bewerten“. Man gewinne den Eindruck, der Verfassungsschutz habe nicht als objektive Behörde unvoreingenommen geprüft, sondern, „daß es ihm darum ging, die AfD zu diskreditieren“. Er kritisierte darüber hinaus, das Bundesamt habe „anscheinend nur nach belastenden Äußerungen gesucht“ und Entlastendes nicht ermittelt oder berücksichtigt.
Hartwig und Meuthen versicherten, eine „große Mehrheit“ in der AfD stehe hinter der Arbeitsgruppe „Verfassungsschutz“. Er spüre „einen großen Rückhalt für den Ansatz zur Mäßigung“, sagte Meuthen. Im Januar hatte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, offiziell mitgeteilt, seine Behörde stufe die AfD als sogenannten „Prüffall“, und deren Nachwuchsorganisation Junge Alternative sowie den „Flügel“ jeweils als „Verdachtsfall“ ein. Auf Antrag der AfD hatte das Verwaltungsgericht in Köln dem Bundesamt im Februar per einstweiliger Anordnung untersagt zu verbreiten, die Partei werde von ihm als Prüffall bearbeitet. (vo)