BERLIN. Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat Fehler der Bundesregierung bei der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 eingeräumt. „Die Vorbereitung war sicher nicht gut genug“, räumt der damals zuständige Minister im Gespräch mit der Bild-Zeitung ein.
Alle hätten sich – „auch die Medien und die Politik – von Stimmungen leiten lassen“. Dies sei im Nachhinein betrachtet ein Fehler gewesen. „Politische Führung muß nüchterner bleiben“, betont de Maizière. Gemütsverfassungen hätten politische Entscheidungen dabei im Positiven wie im Negativen beeinflußt.
„Deutschland hätte Bilder von Wasserwerfern gegen Flüchtlinge nicht ausgehalten “
Man habe sich sowohl von der warmherzigen „Refugees Welcome“-Attitüde an den Bahnhöfen leiten lassen, als auch von der Silvesternacht in Köln 2015. Da sei die Stimmung gekippt: „Alle Flüchtlinge waren plötzlich Vergewaltiger.“ Für die Entscheidung der Bundesregierung im Herbst 2015, die Staatsgrenzen nicht zu sichern, sieht de Maizière aber auch eine Mitschuld bei der Bevölkerung. „In der damaligen Stimmung hätte Deutschland diese harten Bilder von Wasserwerfern gegen Flüchtlinge nicht ausgehalten.“
Rigide Maßnahmen hätten dann sofort wieder rückgängig gemacht werden müssen, was seiner Ansicht nach zu einer „Sogwirkung“ geführt hätte. Sein Fazit: „Man wäre eingeknickt.“
De Maizières Äußerungen fallen vor dem Hintergrund der sogenannten Werkstattgespräche seiner Partei, mit denen die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer mögliche Versäumnisse der damaligen Asylpolitik aufarbeiten möchte. Daran sind neben CDU-Politikern auch Juristen und Politikwissenschaftler beteiligt.
De Maizière weist Vorwurf des Rechtsbruchs zurück
De Maizière unterstützt diese Aufarbeitung. „Es kann ja nur richtig sein, eine offene und harte Diskussion zu führen.“ Zu parteiinternen Kritikern der damaligen Flüchtlingspolitik sagt er: „Es gab keinen Rechtsbruch, doch wer anderer Meinung ist, ist deshalb kein Störer.“ (tb)