BERLIN. Zahlreiche führende AfD-Politiker haben sich mit deutlicher Kritik an der innerparteilichen Gruppierung „Flügel“ und dessen bekanntesten Repräsentanten Björn Höcke an die Öffentlichkeit gewandt. In dem am Mittwoch veröffentlichten Aufruf heißt es, „die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei“. Thüringens Landes- und Fraktionschef sei „nicht demokratisch legitimiert, für die AfD als Gesamtpartei zu sprechen“.
Die Kritik der Unterzeichner entzündete sich an dessen jüngsten Auftritt beim Kyffhäuser-Treffen am vergangenen Samstag: Mit seiner Rede dort habe Höcke „die innerparteiliche Solidarität verletzt“ und sei damit „unseren Wahlkämpfern und Mitgliedern in den Rücken gefallen“.
„Exzessiv zur Schau gestellter Personenkult um Björn Höcke“
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Die mehr als 35.000 überwiegend bürgerlichen Mitglieder lehnten zudem „den exzessiv zur Schau gestellten Personenkult um Björn Höcke mit Ordensverleihungen an Mitglieder des ‘Flügels’ ab, wie sie den Personenkult schon bei Bernd Lucke und Frauke Petry abgelehnt“ haben, heißt es in dem Appell „Für eine geeinte und starke AfD“ weiter.
Kritisiert wird Höcke für seine aus Sicht der über hundert Unterzeichner „spaltende Kritik am Bundesvorstand und den Schiedsgerichten der AfD“. In seiner Rede hatte er ihm nicht genehme Mitglieder aufgefordert, die Partei zu verlassen. Diese Behauptungen und Aussagen von Höckes wiesen die Unterzeichner des Aufrufs „ausdrücklich zurück“. Statt dessen lobten sie ihrerseits die Arbeit des Bundesvorstands. Die Schiedsgerichte seien ein wichtiges Instrument innerparteilicher Gewaltenteilung. „In einer Zeit permanenter Angriffe auf uns zählt der Zusammenhalt. Wer diese Solidarität in Frage stellt, inhaltlich ausschert oder ohne Legitimation einen eigenen Sonderweg gehen möchte, stellt sich ins Abseits.“
„Bürgerliche, freiheitliche und patriotische AfD“
Man stehe zudem „für eine bürgerliche, freiheitliche und patriotische AfD, die sich als letzte Chance zum Erhalt unseres Vaterlandes versteht und auf demokratischem und rechtsstaatlichem Wege dafür Mehrheiten im deutschen Volk gewinnen will“.
Unterzeichnet wurde das Schreiben unter anderem von mehreren Mitgliedern des Bundesvorstands, Landesvorsitzenden und Parlamentariern der AfD, darunter die stellvertretenden Bundessprecher Georg Pazderski, Kay Gottschalk und Albrecht Glaser, die beiden hessischen Landesvorsitzenden Klaus Herrmann und Robert Lambrou, Niedersachsens Landesvorsitzende Dana Guth, ihr Rheinland-Pfälzischer Kollege Uwe Junge, der Vorsitzende der AfD Fraktion im Kieler Landtag, Jörg Nobis und der Europa-Abgeordnete Lars-Patrick Berg.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jürgen Braun, hat seine Unterschrift unter den Appell gesetzt. Ebenso wie zahlreiche Landtags- und Bundestagsabgeordneten. Die beiden AfD-Sprecher Alexander Gauland und Jörg Meuthen finden sich hingegen nicht auf dem Aufrug. Gleiches gilt für die Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, sowie sämtliche stellvertretenden Vorsitzenden.
Gauland und Meuthen zeigen Verständnis für Kritik
Sowohl Meuthen als auch Gauland meldeten sich jedoch mit kurzen Stellungnahmen zu Wort, in denen sie nicht mit Kritik an Höckes Auftritt beim Kyffhäuser-Treffen sparten.
„Dieser Aufruf wundert mich nicht, denn der Unmut und die massive Kritik über das Auftreten und manche Äußerungen des thüringischen Landesvorsitzenden sind in der Partei sehr vernehmlich. Der Appell bestätigt letztlich meinen sicheren und schon oft geäußerten Eindruck, daß Björn Höcke mit seiner auch aus meiner Sicht unzutreffenden Kritik an der Arbeit des Bundesvorstandes und der Schiedsgerichte über keinerlei Mehrheiten in der Partei verfügt und der von ihm zuweilen betriebene Personenkult nicht zu unserer Partei paßt. Ich würde mir wünschen und bin zuversichtlich, daß er sich statt dessen ganz dem wichtigen aufziehenden Landtagswahlkampf widmet“, teilte Meuthen mit.
Und Gauland ergänzte: „Ich halte die Rede von Björn Höcke genauso wie den Fahneneinzug auf dem Kyffhäuser-Treffen für unangebracht. Den Appell habe ich nicht unterschrieben, weil ich ihn in Wahlkampfzeiten für ähnlich unangebracht halte.“
Weidel und Lohr: „Gräben aufzureißen ist der falsche Weg“
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel und der Vorsitzende der Jungen Alternative, Damian Lohr, erinnerten in einer gemeinsamen Stellungnahme an die Verantwortung, die die AfD habe. „Dieser Verantwortung müssen wir uns gemeinsam stellen, um erfolgreich zu sein. Gräben aufzureißen ist der falsche Weg.“ Es stehe außer Frage, daß es in der Partei Spannungen gäbe. „Diese sind aber nur intern über die gewählten Gremien und ohne öffentliche Schlammschlacht zu lösen.“
Die beiden AfD-Politiker riefen die Parteimitglieder dazu auf, für die Wahlerfolge in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo im Herbst Landtagswahlen stattfinden, einzustehen. Interne Konflikte sollten intern gelöst werden. (vo/krk/ls)