BERLIN. Das Sozialversicherungsabkommen mit der Türkei kostet die deutschen Krankenkassen laut Bundesregierung jährlich nur eine unbedeutend geringe Summe. Wie die Regierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei mitteilte, machten die Beiträge für in der Türkei wohnende Familienangehörige „nicht einmal 0,006 Prozent der gesamten Leistungsausgaben der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung aus“ und stellten somit „keine beitragsrelevante Größe“ dar.
Die Linksfraktion hatte sich nach dem im April 1964 geschlossenen deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen erkundigt, da „vom rechten Rand des politischen Spektrums“ seit Jahren behauptet würde, dieses belaste die gesetzlichen Krankenkasse und ihre Beitragszahler.
Zwischen vier und acht Millionen Euro pro Jahr
Die Vereinbarung sieht unter andrem vor, daß in der Türkei lebende Familienmitglieder eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers in Deutschland mitversichert sind. Dies gilt sowohl für Ehepartner und Kinder, aber auch für die Eltern des Versicherungsnehmers. Das heißt: Ein in Deutschland arbeitender Türke kann seine in der Türkei lebenden Eltern kostenlos mitversichern. Arbeitnehmer, deren Eltern in Deutschland leben, können dies nicht.
Laut der Bundesregierung wurden 2012 rund sieben Millionen Euro für in der Türkei lebende Familienangehörige entrichtet. 2013 waren es Vorschüsse in Höhe von 7,3 Millionen Euro. 2014 flossen 8,1 Millionen Euro in die Türkei und 2015 etwa 5,9 Millionen Euro. 2016 belief sich die Summe auf 4,4 Millionen Euro. Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor.
Abkommen hat laut Regierung mehr Vor- als Nachteile
Wie viele türkische Familienangehörige über eine deutsche Krankenversicherung abgesichert sind, ist unbekannt. Nach Angaben der Bundesregierung waren Ende 2016 rund 1,5 Millionen Personen mit türkischer Staatsbürgerschaft in Deutschland gemeldet. Ungefähr 10.100 Allgemeinversicherte hätten in der Türkei wohnende Familienangehörige und etwa 19.200 in Deutschland versicherte Rentner lebten in der Türkei. „Da der Monatspauschbetrag für eine komplette Familie entrichtet wird, liegen keine Informationen vor, wie viele Familienangehörige über eine deutsche Krankenversicherung abgesichert sind“, teilte die Bundesregierung mit.
Eine Kündigung des Abkommens hätte nach Ansicht der Regierung für Deutschland mehr Nach- als Vorteile. In einem solchen Fall unterlägen deutsche Arbeitnehmer, die von ihren Firmen in die Türkei entsandt werden, der türkischen Versicherungspflicht. Dies würde bedeuten, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber doppelte Beitragslasten tragen müßten. Auch seien deutscher Arbeitnehmer, ihre Familienangehörigen sowie Touristen, Studenten und Rentner dann nicht mehr über ihre deutschen Krankenkassen versichert, wenn sie sich in der Türkei aufhielten. (krk)