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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Kandidatur für Parteivorsitz: Die CDU im Vormerz

Kandidatur für Parteivorsitz: Die CDU im Vormerz

Kandidatur für Parteivorsitz: Die CDU im Vormerz

Merz
Merz
Friedrich Merz am Mittwoch auf dem Weg in die Bundespressekonferenz in Berlin Foto: picture alliance / AA
Kandidatur für Parteivorsitz
 

Die CDU im Vormerz

Der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz nun auch offiziell verkündet. Er könnte Wähler zur CDU zurückholen, die zuletzt AfD gewählt haben und damit auch ein Zeichen in Richtung Union setzen wollten. Ob Merz aber tatsächlich gewinnt, ist keinesfalls ausgemacht. Er hat es mit starker innerparteilicher Konkurrenz zu tun.
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So etwas kommt selten vor. Der Saal der Bundespressekonferenz ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Normalerweise drängeln sich nur zu den jährlichen Sommerpressekonferenzen der Bundeskanzlerin hier so viele Journalisten. Daß ein ähnlich großer Betrieb herrscht – „nur“ weil ein Rechtsanwalt und Aufsichtsratschef eines Vermögensverwaltungsunternehmens eingeladen wurde, das ist sicherlich beispiellos. Nun heißt der Betreffende allerdings Friedrich Merz und bekräftigt an diesem Mittwochnachmittag seine Kandidatur für den Vorsitz der CDU.

„Mein Name ist Friedrich Merz – mit e“ stellt er sich vor. „Die CDU braucht Aufbruch und Erneuerung“, sagt der 62jährige. Sie brauche eine nach „vorne gerichtete Diskussion“, sie brauche „Öffnung und Modernisierung“. Die Partei müsse sich Klarheit verschaffen über ihren Markenkern – als große „Volkspartei der Mitte“, in der „Wertkonservative, Wirtschaftsliberale und sozial Engagierte nebeneinander ihren Platz haben“.

Hype um den Ex-Fraktionschef

Leider hätten sich mittlerweile in sämtlichen deutschen Parlamenten „am linken und rechten Rand der Demokratie Parteien etabliert, die unsere Gesellschaft spalten“. Man dürfe nicht zulassen, daß sich Wähler von solchen Populisten verführen ließen, forderte Merz. Doch Wählerbeschimpfung helfe nicht, betont der frühere Vorsitzende der Unionsfraktion, der 2002 von Merkel aus dem Amt verdrängt worden war. „Nur Lösungen helfen, das muß der Anspruch der CDU sein – und dafür kandidiere ich“, so Merz.

Daß er zehn Jahre nicht mehr Politiker war, sieht er nicht als Problem. Er habe sich in dieser Zeit oft mit Mandatsträgern unterhalten. „Ich verstehe diese Partei“, stellt er klar. Er freue sich auf einen lebendigen Diskurs, sei im Gespräch mit Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn. „Wir wollen einen lebhaften Streit austragen, aber fair und anständig.“ Denkbar seien dafür Regionalkonferenzen, bei denen sich die Kandidaten der Basis vorstellen könnten.

Keine Frage: Merz hat mit seiner angekündigten Rückkehr in die (Partei-)Politik einen neuen „Hype“ erzeugt. Soviel Hoffnung auf einen Aufbruch, einen Neuanfang gab es zuletzt nur, als Martin Schulz SPD-Chef geworden ist. „Ereignisse lösen etwas aus“, meinte Merz fast lapidar – und spielte auf Merkels angekündigten Rückzug von der Parteispitze an. Ihr zollte er seinen großen Respekt; das gelte unabhängig davon, daß er nicht mit allen ihren Entscheidungen in der Vergangenheit einverstanden war. Das Wagnis, als Parteivorsitzender mit ihr als Kanzlerin zusammenarbeiten zu müssen, wolle er gerne eingehen. Viele Journalisten im Raum wird er davon nicht überzeugt haben.

Laschet zieht am selben Tag zurück

Was sagt dieser Wirbel um den Wiederaufgetauchten hinsichtlich seiner Chancen aus? Die Begeisterung um die „Merz“-Revolution beschränkt sich innerparteilich bisher auf einige „übliche Verdächtige“, Merkel-Kritiker allesamt; auf Teile der Basis, auf Leute vom Wirtschaftsflügel und Ex-Abgeordnete. Zuspruch aus den Reihen 1 und 2 des Parteiapparats? Bisher Fehlanzeige. Den oder die Parteivorsitzende wählen in der CDU Parteitagsdelegierte. Wählen ist vielleicht übertrieben; sie akklamieren (bis auf wenige Ausnahmen), was zuvor entschieden wurde. Nun will Friedrich Merz im Dezember ein Votum für „Aufbruch und Erneuerung“ von denjenigen, die ohne Angela Merkels Entscheidung vom Montag mit großer Mehrheit eben diese Angela Merkel wiedergewählt hätten.

Normalerweise ist es undenkbar, ohne ein wichtiges Parteiamt, ohne ein Abgeordnetenmandat, ohne eine starke Hausmacht im Rücken Vorsitzender der CDU zu werden. Alles das hatte Friedrich Merz in der Vergangenheit, aktuell hat er es nicht. Doch normalerweise hätte Angela Merkel auch Kanzlerschaft und Parteivorsitz in einer Hand behalten; und normalerweise hätte sich auch ihr Wunschkandidat als Fraktionsvorsitzender, der langjährige Amtsinhaber Volker Kauder durchgesetzt. Aber normal ist in diesen Tagen vieles nicht mehr.

Normalerweise wäre auch der Vorsitzende der mächtigen CDU in Nordrhein-Westfalen ein „natürlicher“ Kandidat für den Parteivorsitz. Armin Laschet hat das in Gesprächen mit Journalisten stets durchblicken lassen. Daß er nun seinen Verzicht bekanntgab, just in dem Moment, als Merz seine Kandidatur bekräftigte, läßt aufhorchen. Hat Laschet Merz seinen Segen erteilt? Möglicherweise um den ebenfalls aus NRW stammenden Jens Spahn zu verhindern? Spahn und Merz würden schließlich im selben Teich fischen; den größten Zuspruch erhalten beide bei denen in der Partei, die von Merkels Linkskurs enttäuscht wurden, die sich die Union wieder „wertkonservativ und wirtschaftsliberal“ wünschen. Treten sie gegeneinander an, könnte die eher Merkel-fortsetzende Annegret Kramp-Karrenbauer die lachende Dritte sein.

Privatmann mit politischen Ambitionen

Und wie sieht es für die Konkurrenz aus, die in jüngster Zeit am meisten von der inhaltlichen Auszehrung der CDU und der „Merkel-muß-weg“-Stimmung profitieren konnte? Eine Merz-Union als Alternative zur Alternative? Wer das negiert, kann auf die Pressekonferenz verweisen: Merz stellte sich dort als „überzeugter Europäer und Transatlantiker“ vor, als jemand, der sich den „Demokratien des Westens“ zutiefst verbunden fühlt. Die „Unbedingten“ in der AfD werden sich deshalb von einem Friedrich Merz nicht beirren lassen.

Aber viele Wähler, die der AfD nicht in erster Linie wegen ihrer Inhalte, sondern wegen ihrer Funktion als „Hinweispartei“ die Stimme gaben, die weniger zur AfD hingezogen als vielmehr von der Union abgestoßen wurden, könnten durchaus von Merz wieder „zurückgeholt“ werden… Einem Friedrich Merz, der das repräsentiert, was in den neunziger Jahren „Mainstream“ der Union war; einem Friedrich Merz, der Sätze sagt wie: „Gerade in Zeiten der Globalisierung haben nationale Identität und traditionelle Werte ihren festen Platz“; einem Friedrich Merz, der vielleicht mehr ein Wunsch-Merz als ein realer ist; einem Friedrich Merz, der allerdings im Augenblick noch lediglich ein Privatmann mit politischen Ambitionen ist.

Friedrich Merz am Mittwoch auf dem Weg in die Bundespressekonferenz in Berlin Foto: picture alliance / AA
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