BERLIN. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Sarah Wagenknecht, hat mit ihrem Rückzug gedroht. Sie sehe keinen Sinn darin, ihre Kraft und Gesundheit „in permanenten internen Grabenkämpfen mit zwei Parteivorsitzenden zu verschleißen“, heißt es in einem Brief an die 69 Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Darin wirft Wagenknecht den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger vor, „gute Kontakte zu bestimmten SPD-Kreisen“ zu pflegen, die in ihr „schon seit längerem ein großes Hindernis für eine angepaßte, pflegeleichte Linke sehen“. Gleichzeitig spricht sie von „Konflikten, die, wenn sie weiter eskalieren, der Linken massiven Schaden zufügen können“. Co-Fraktionsvorsitzender Bartsch teile ihre Position.
Machtkämpfe verschärfen sich unmittelbar vor Klausurtagung
Am Dienstag und Mittwoch treffen die neugewählten Bundestagsabgeordneten der Linkspartei in Potsdam bei einer Klausurtagung zusammen. In einem Antrag zur Geschäftsordnung beanspruchen die Parteivorsitzenden Kipping und Riexinger laut der Nachrichtenagentur AFP ein Erstrederecht im Bundestag. Das steht normalerweise nur den Fraktionsvorsitzenden zu.
Überdies wollen sie mehr Einfluß auf die künftige Zusammensetzung der Führungsspitze nehmen. Dabei sind den beiden vor allem die ersten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Heike Hänsel und Jan Korte ein Dorn im Auge. Die entwicklungspolitische Sprecherin Hänsel vertritt Wagenknecht, der Reformer Korte vertritt Bartsch.
Langjähriger Konflikt innerhalb der Partei
Der Konflikt zwischen den Partei- und Fraktionsvorsitzenden schwelt schon seit Jahren, ruhte im Bundestagswahlkampf aber. Wagenknecht und Bartsch hatten bei der Entscheidung über die Spitzenkandidatur darauf gepocht, nur allein und nicht gemeinsam mit Kipping und Riexinger anzutreten. Die Parteichefs hatten sich dem beugen müssen. Zwischen den Beteiligten soll es bereits seit langem persönliche Animositäten geben.
Die Linke verbesserte sich bei der Wahl am 24. September auf 9,2 Prozent, büßte im neuen Bundestag allerdings ihre bisherige Rolle der Oppositionsführer ein. Nach der Wahl kritisierten Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine die Flüchtlingspolitik der Linkspartei. Lafontaine monierte außerdem die fehlende Anerkennung von Kipping und Riexinger bei den Wählern selbst. (ha)