BERLIN. Die Polizei hat am Mittwoch morgen die Wohnungen von vier Ditib-Funktionären in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz durchsucht. Die Männer werden verdächtigt, Informationen über angebliche Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung gesammelt und diese an das türkische Generalkonsulat in Köln weitergereicht zu haben. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit.
„Nichts rechtfertigt die Begehung von Straftaten. Wer den Islam nur als Deckmantel für Spionage benutzt, kann sich nicht auf die Religionsfreiheit berufen“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einer Stellungnahme. „Wenn sich der Verdacht gegen einzelne Ditib-Imame, Spionage zu betreiben, bestätigt, muß sich die Organisation vorhalten lassen, zumindest in Teilen ein verlängerter Arm der türkischen Regierung zu sein.“
Ditib räumt Spionagetätigkeit ein
Maas forderte den Dachverband von rund 900 türkischen Moscheevereinen auf, seine Satzung zu ändern, „die die enge Verbindung zur türkischen Religionsbehörde Diyanet festschreibt“. Zwar ist Ditib nach deutschem Recht ein eingetragener Verein, tatsächlich aber der türkischen Regierung unterstellt. „Grundsätzlich gilt: Der Einfluß des türkischen Staates auf die Ditib ist zu groß“, kritisierte Maas. „Nur als unabhängiger deutscher Verband hat die Ditib eine Zukunft als verläßlicher Partner.“
Ditib-Generalsekretär Bekir Alboğa hat gegenüber dem Deutschlandfunk mögliche Spionagetätigkeiten einiger Mitglieder eingeräumt, sprach aber von einer „Panne“. Diese hätten ein Schreiben der Religionsbehörde in Ankara fälschlicherweise als Anweisung verstanden. Als erste Reaktion auf die Vorwürfe haben Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ihre Zusammenarbeit mit der Ditib eingeschränkt.
Empörung über „öffentliche Vorverurteilung“
In einer Stellungnahme versichert Ditib, nicht als Institution in die Spitzelaffäre verwickelt zu sein. Dies habe auch der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen dargelegt. „Es war und ist für Hunderttausende von Gemeindemitgliedern im gesamten Bundesgebiet und generell für alle Ditib-Mitglieder sehr enttäuschend, daß ohne jegliche Unschuldsvermutung eine öffentliche Vorverurteilung stattfand“, empörte sich der Verband.
Eine „undifferenzierte Debatte“ habe massiv den „Anpassungsprozeß muslimischen Lebens und religionsgemeinschaftlicher Strukturen in unserem Land“ behindert, behauptet der Verband. „Wir hoffen, daß dies nun auch von all jenen in Politik, Medien und Gesellschaft zur Kenntnis genommen wird, welche die Ditib pauschal und undifferenziert abgeurteilt haben.“ (FA)