BERLIN. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Iris Eberl hat scharfe Kritik am geplanten Netzerkduchsetzungsgesetz (NetzDG) der Großen Koalition geäußert. „Fast einhellig haben die Rechtsexperten der quasi-öffentlichen Anhörung das Gesetz in seiner ursprünglichen Form als verfassungswidrig bezeichnet. In seinem detaillierten Gutachten kam der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages auf dasselbe Ergebnis“, sagte Eberl der JUNGEN FREIHEIT.
Dennoch würden Argumente der Kritiker im neuen Entwurf des NetzDG kaum berücksichtigt. „Der Eingriff in die Meinungsfreiheit bleibt bestehen. So ist zum Beispiel für die Löschung von offensichtlich rechtswidrigen Inhalten immer noch die kurze Frist von 24 Stunden vorgesehen.“
Regelung nicht praktikabel
Die im Gesetzentwurf neu angedachten Ausnahmen mit Verlängerung der Löschfrist auf länger als sieben Tage seien nicht praktikabel und irrelevant. „Die Netzwerke werden auch weiterhin Inhalte wegen der unbestimmten Rechtsbegriffe und der drohenden hohen Bußgelder löschen, die eben genau nicht reduziert wurden. Das Grundrecht auf die Verbreitung der freien Meinungsäußerung bleibt auf der Strecke“, warnte die CSU-Abgeordnete. „Anstatt für die nötige Klarstellung im Telemediengesetz zu sorgen, etabliert das NetzDG eine Unkultur des vorauseilenden Löschens von Internetkommentaren.“
Die Große Koalition hatte sich am Freitag nachmittag darauf verständigt, den von Maas vorgelegten Gesetzentwurf noch an einigen Stellen zu überarbeiten, um ihn am Donnerstag im Bundestag zu beschließen. So sollen die Plattformbetreiber nun in strittigen fällen nicht immer selbst entscheiden müssen, ob ein Post gelöscht werden muß oder nicht. Statt dessen können sie die Entscheidung an hierfür geschaffene Einrichtungen abtreten. Als Vorbild gelten hier das Jugendmedienschutzgesetz und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.
Derzeit prüfen die Fachpolitiker aus der Union, ob der am Wochenende überarbeitete Gesetzentwurf aus dem Justizministerium auch sämtliche von CDU und CSU gewünschten Änderungen enthält. Das Thema dürfte morgen auch in der Fraktionssitzung eine Rolle spielen.
CSU-Rechtsexperte Hoffmann kritsiert Maas
Unbestätigten Berichten zufolge soll die SPD ihre Zustimmung zu einigen noch anstehenden Gesetzesvorhaben der Großen Koalition an die Bedingung geknüpft haben, daß die Union das Netzwerkdurchsetzungsgesetz mitträgt. In CDU und CSU gibt es Stimmen, die kritisieren, daß Maas den Entwurf nicht gut genug vorbereitet habe und nun aufgrund des knappen Zeitplans vor der Sommerpause eine ungenügende Version beschlossen werden solle. Bei einer Expertenanhörung im Rechtsauschuß hatte in der vergangenen Woche eine Mehrheit der geladenen Sachverständigen teils erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes geäußert.
Kritik an Maas kam daher auch vom CSU-Rechtsexperten Alexander Hoffmann. Es sei grundsätzlich richtig, daß Facebook, Twitter, YouTube und Co. ein Mindestmaß an Verantwortung für die Inhalte übernehmen müßten, die dort veröffentlich würden. Schließlich sei das Internet kein rechtsfreier Raum, sagte Hoffmann der JF.
„Lange Pannenliste des Bundesjustizministers“
„Die Betreiber sozialer Netzwerke sind durch das Telemediengesetz auch schon jetzt dazu verpflichtet, eindeutig rechtswidrige Inhalte zu entfernen. Das geschieht allerdings oft erst nach sehr langer Zeit – meistens aber gar nicht“, rügte der CSU-Politiker. Maas sei lange Zeit in dieser Frage viel zu gutgläubig gewesen.
„Zwar hat er schon oft mit Facebook und Co. geredet und öffentlichkeitswirksam angedroht, strengere Regeln einzuführen – passiert ist aber jahrelang nichts.“ Nun habe Maas kurz vor Ende der Legislaturperiode einen schlecht gemachten Gesetzentwurf vorgelegt, den die Koalition unter großem Zeitdruck erheblich verbessern müsse. „Damit ist die ohnehin schon beträchtliche Pannenliste des Bundesjustizministers noch länger geworden. “