Darf ein prominentes Mitglied der AfD die Auseinandersetzung mit einem diktatorischen Regime und das Gedenken an dessen Opfer fördern? Auf diese Frage scheinen die nun an die Öffentlichkeit gedrungenen Turbulenzen im Förderverein der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen hinauszulaufen.
Am Wochenende berichtete die Berliner Zeitung vom Rücktritt der Schriftführerin des Vereins, Christine Sauerbaum-Thieme, der allerdings bereits im Mai dieses Jahres erfolgt war. Sie hatte ihren Schritt damit begründet, daß der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Berliner AfD, Georg Pazderski, in den Förderverein aufgenommen worden war.
Verein: „Pazderski ist ein Gewinn“
„Wenn Mitglieder einer rechtspopulistischen Partei in einen Verein wie den Förderverein der Gedenkstätte eintreten wollen, verbinden sie damit auch eine Realisierung ihrer politischen Arbeit, wollen sich ein ‘bürgerliches’ Antlitz geben“ zitierte das Blatt eine Äußerung Sauerbaum-Thiemes.
Auch ihr Nachfolger im Amt, der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg, meinte gegenüber dem Blatt, es sei „kein Zufall, daß eine Reihe von AfD-Anhängern eingetreten sind“. Hilsberg mahnte, man müsse darauf achten, wer mitmachen wolle; gleichzeitig dürfe man jedoch nicht aufgrund der Parteimitgliedschaft über die Aufnahme entscheiden „und der AfD mit einer Ablehnung noch einen Gefallen tun“.
Der Vorsitzende des Fördervereins der Stasi-Gedenkstätte, Jörg Kürschner, wies solche Verschwörungstheorien vehement zurück. „Herr Pazderski ist ein Gewinn für den Förderverein, als Mensch und als Politiker. Ihm opportunistische oder parteitaktische Gründe für seinen Beitritt zu unterstellen, ist absurd“, betonte Kürschner.
Pazderski weist Unterstellung zurück
Der sechsköpfige Vereinsvorstand habe im Juni Pazderski mit deutlicher Mehrheit von fünf zu eins aufgenommen und damit dem Votum der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Mai entsprochen, die eine Aufnahme des pensionierten Bundeswehroffiziers befürwortet hatte.
Auch Pazderski selbst wies die Unterstellung zurück, sein Eintritt sei Teil eines Plans zur Unterwanderung. „Ich bin nicht beigetreten, um mir ein ‘bürgerliches Antlitz zu geben’ – das habe ich auch so –, sondern weil ich das Anliegen des Vereins teile: die Erinnerung an das DDR-Unrecht wachzuhalten“, unterstrich er im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT.
Kürschner, der seit der Vereinsgründung als Vorsitzender amtiert, nannte es zudem einen durchsichtigen Versuch, die Gedenkstätte und den Förderverein in eine rechtsradikale Ecke zu drängen. „Demokrat ist nur, wer Mehrheiten akzeptiert und nicht ein halbes Jahr nach verlorenen Abstimmungen nachtritt.“ (vo)