FRANKFURT/MAIN. Faschistische Gefahren lauern immer und überall, doch die linksextreme Szene in Frankfurt ist derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt. Kabale, Intrigen, Beschimpfungen. Was für Außenstehende wie das Ergebnis von zuviel Langweile aussieht, soll wohl irgendeinen weltanschaulichen Hintergrund haben. Es geht um die Frage, ob der Islam rassistisch ist oder doch eher die Kritik an ihm. Da sind sich die Rassismuskundler der Antifa nämlich nicht einig.
Auf der einen Seite ist da die Antifa United Frankfurt (Auf), die unter dem Motto „Make racists afraid again!“ zur Jagd auf Andersdenkende aufruft: „Wir freuen uns über jeden Nazi, der in seinem Umfeld geoutet wird, jede AfD-Veranstaltung, die nicht stattfinden kann und jede Rassistin, die sich nicht mehr in ihre Stammkneipe traut“, heißt es hier. „Sie alle haben Namen und Adressen, fühlen sich sicher in ihrem Umfeld und jeder und jede ist für ihr Handeln zur Verantwortung zu ziehen.“ Das ist die Auf.
Das richtige oder das falsche Opfer ausgesucht?
Dann gibt es noch die Anti-Nazi-Koordination (Ank), die sich für die nicht minder anstrengende und harte Ideologiearbeit zuständig fühlt. Chefideologe ist Hans Christoph Stoodt, der sich selbst der „marxistischen Linken“ zurechnet. Daneben ist Stoodt evangelischer Theologe – und das merkt man. In seinen Texten ist viel von Sünde, Schuld, noch mehr Schuld und ewiger Verdammnis die Rede. Aber auch viel über die Blödheit der Auf.
Die Auf habe nämlich bei den drei „ö“s der antifaschistischen Öffentlichkeitsarbeit – Grölen, Pöbeln, Vermöbeln – einen aus Stoodts Sicht unverzeihlichen Übergriff getätigt. Anfang Februar feierte sie sich dafür, die Imbißbude eines Frankfurter Salafisten mit dem Graffiti „Fuck IS“ beschmiert zu haben. Auch wenn dieser betone, „kein Anhänger des IS oder anderen terroristischen Vereinigungen zu sein, bewegt er sich in diesen Kreisen“, heißt es zur Begründung.
„Dies verurteilen wir und sprechen mit unserer Botschaft im Rahmen des #makeracistsafraidagain Aktionsmonat eine Warnung aus!“ Dazu die übliche Bekanntgabe von Informationen aus dem Umfeld des Einwanderers. Ein derartiger, zweifelhafter Genuß ist sonst nur deutschen „Nazis“ vorbehalten.
Antifa unterstellt Antifa NS-Methoden
Eigentlich eine eher unspektakuläre Aktion. (Die freilich mehr Mut erfordert haben dürfte, als AfD-Wahlstände anzugreifen.) Doch seitdem tobt in der linksextremen Szene Frankfurts ein Richtungsstreit. Denn was bei Deutschen nur recht und billig wäre, darf für einen Ausländer nicht gelten. Jedenfalls ist die Anti-Nazi-Koordination dieser Meinung. Diskriminierung nach Antifa-Art also. Da können sogar beinharte Ideologen auf einmal die eigenen Methoden kritisch reflektieren:
„Was soll mit so einer Aktion und dem ‘Outing’ bezweckt werden? Sie geben das Signal: Kauft hier nicht ein! Gerade angesichts der deutschen Geschichte wecken solche Angriffe üble Assoziationen“, schimpft die Ank über die Anti-Rassismus-Maßnahme der Auf. Und Stoodt selbst kritisiert: „In ihrer Arroganz gehen sie sogar so weit, den Angegriffenen wissen zu lassen, dies sei eine ‘Warnung’. (Was soll darauf als nächstes folgen? Oder ist das nur bla-bla?)“
Kurzum, für die Ank ist das Unwohlsein, welches die Auf gegenüber dem erstarkenden Islam zu verspüren beginnt, nichts anderes als „Rassismus“, wie ihn die Antifa den Islamkritikern unterstellt: Unabhängig davon, was sich die Initiatoren dabei gedacht hätten, „die Flanke nach ganz rechts ist dabei sperrangelweit offen“, empört sich Stoodt. „Die Darstellung, die Auf zu den Hintergründen ihrer Aktion gibt, ist in vieler Hinsicht sachlich falsch. Sie ist darüber hinaus in ihrer Logik rassistisch.“
Wie hältst du es mit dem Islam?
Allerdings sollte der evangelische Marxist selbst auch einmal sein Verhältnis zum Islam präzisieren. So verurteilt Stoodt die These vom Islam als neuem Faschismus scharf. Aus seiner Sicht wird dieser zu einer Art Dritte-Welt-Widerstandsbewegung: „Die Geschichte des konservativen und fundamentalistischen Aufschwungs innerhalb des Islam ist also, neben genuin islamischen Quellen, vor allem eine Geschichte seines Konflikts mit dem ‘Westen’, genauer: dem Kolonialismus / Imperialismus.“
Könnte es also vielleicht sein, daß hier gewisse gemeinsame Ressentiments von Linksextremen und radikalen Moslems ein verbindendes Element bilden? Ins Bild passen jedenfalls Aussteigerberichte aus der Ank: „Innerhalb der Debatte um den Gazakrieg gab es Geschichtsrelativierungen und Positionen, die wir politisch nicht mittragen wollen.“ (FA)