BERLIN. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat nach dem Brexit-Votum den Umbau der EU-Kommission in eine „echte europäischen Regierung“ gefordert. Die neue EU-Regierung solle dann „der parlamentarischen Kontrolle des Europaparlaments und einer zweiten Kammer, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten, unterworfen“ werden, schrieb Schulz in einem Gastbeitrag für die FAZ.
Wenn die Bürger „durch Wahlen eine europäische Regierung durch eine andere ersetzen“ könnten, werde dies dazu führen, daß die Ablehnung gegenüber der Union schwinde. Bisher wüßten viele Bürger nicht, was die EU eigentlich mache. Vieles was die Nationalstaaten falsch machten, werde deswegen Brüssel angelastet, monierte Schulz. Grundsätzlich gehe es nicht „um mehr Europa“, sondern darum, „klar zu definieren, was die Bürger in bestimmten Bereichen von der EU erwarten dürfen und können“.
Schäuble: EU steht vor Bewährungsprobe
Dagegen warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor einer Vertiefung der politischen Union. „Im Grundsatz bin ich ein Anhänger der Vertiefung. Aber dafür ist jetzt nicht die Zeit. Wir können in Europa in der Lage wachsender Demagogie und tiefer Europaskepsis nicht einfach so weitermachen wie bisher“, sagte er der Welt.
Die Lage sei so ernst, daß jetzt nicht mehr „die üblichen europäischen und Brüsseler Spiele“ auf der Tagesordnung stehen dürften. „Die EU steht vor einer Bewährungsprobe, vielleicht der größten in ihrer Geschichte“, betonte Schäuble. „Wir müssen handeln, nicht groß reden, den Menschen beweisen, daß Europa einen Unterschied macht.“ Vor allem in der Bewältigung der Asylkrise sei die EU nun gefragt.
Unterdessen forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel, jungen Briten in anderen EU-Ländern die doppelte Staatsbürgerschaft anzubieten, „damit sie EU-Bürger bleiben können“. (ho)