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Prozeß in München: NSU: Verfassungsschützer verwickeln sich in Widersprüche

Prozeß in München: NSU: Verfassungsschützer verwickeln sich in Widersprüche

Prozeß in München: NSU: Verfassungsschützer verwickeln sich in Widersprüche

Hauptangeklagte Beate Zschäpe
Hauptangeklagte Beate Zschäpe
Hauptangeklagte Beate Zschäpe: Was wußte Temme? Foto: dpa
Prozeß in München
 

NSU: Verfassungsschützer verwickeln sich in Widersprüche

Im NSU-Prozeß um die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ist es in dieser Woche vor dem Münchner Oberlandesgericht zu widersprüchlichen Aussagen von Verfassungsschützern gekommen. Noch immer ist die Frage offen, was der Inlandsgeheimdienst wußte.
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MÜNCHEN. Im NSU-Prozeß um die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ist es in dieser Woche vor dem Münchner Oberlandesgericht zu widersprüchlichen Aussagen von Verfassungsschützern gekommen. Auf Antrag der Nebenklageanwälte der Familie Yozgat waren drei Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz als Zeugen geladen, um sie mit aufgezeichneten Telefonaten zu konfrontieren, die sie mit ihrem zeitweise unter Mordverdacht geratenen Kollegen Andreas Temme geführt hatten.

Dabei erklärte Verfassungsschützer Hans-Joachim M. überraschend, seine Behörde habe schon 2006 vermutet, daß der damalige Mord an dem Türken Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé einen rechtsextremen Hintergrund haben könnte.

Interner-Chat mit einer Prostituierten

Der inzwischen pensionierte M. war der Abteilungsleiter von Andreas Temme, der sich zur Tatzeit in dem Internetcafé aufgehalten hatte, von den Schüssen auf Yozgat aber nichts mitbekommen haben will.

„Ich kenne den Grund des Aufenthaltes im Internetcafé. Es hat nichts mit dem Dienst zu tun gehabt, absolut nichts“, betonte der 64jährige in seiner Aussage. „Ich weiß, auf welchen Seiten er gesurft hat, und ich weiß, daß es seiner Frau nicht gefallen hätte.“ Demnach habe Temme mit einer Prostituierten aus Hamburg gechattet, während seine damals schwangere Frau zu Hause saß. Zudem unterstrich M., daß es nicht das Ziel seiner Behörde gewesen sei, Einfluß auf das Ermittlungsverfahren gegen Temme auszuüben.

In einem aufgezeichneten und vor Gericht abgespielten Telefonat rät M., „kein taktisches Geplänkel“ zu betreiben. Temme solle statt dessen „ganz offen“ sagen, wie es war und dabei weder etwas aufbauschen noch aus Scham etwas weglassen.

Was wußte der Inlandsgeheimdienst?

Frank Ulrich F., ein weiterer Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes berichtet hingegen davon, daß seine Behörde den Mord zunächst für einen normalen Kriminalfall gehalten habe. „An Rechtsradikalismus hatten wir nie gedacht“, unterstreicht F., der in einem ebenfalls aufgezeichneten Telefonat zu Temme sagte: „Das war ein Fehler, daß du da hingehst, wo du arbeitest.“ Der Hintergrund: Temme war damit beauftragt, vom Internetcafé aus eine in der Nähe befindliche Moschee auszukundschaften. „Wir haben angenommen, daß er nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war“, erzählte F.

In einem weiteren mitgeschnittenen Telefonat soll Temmes Geheimschutzbeauftrager H. geäußert haben: „Ich sage ja jedem: Wenn er weiß, daß so etwas passiert, bitte nicht vorbeifahren.“ Die Äußerung hatte Spekulationen darüber hervorgerufen, ob der Verfassungsschutz von dem Mord gewußt oder gar daran beteiligt gewesen sein könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte dies als einen aus dem Zusammenhang gerissenen Satz bezeichnet. In der kommenden Woche soll H. nun selbst als Zeuge vor Gericht aussagen. (ro)

Hauptangeklagte Beate Zschäpe: Was wußte Temme? Foto: dpa
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