BERLIN. Immer mehr Deutsche beklagen einen Mangel an Meinungsfreiheit. Zeitgleich wird der Islam beziehungsweise der Islamismus als größte Bedrohung für die westlichen Werte wahrgenommen. Dies geht aus einer Studie des John-Stuart-Mill-Instituts hervor.
Das John-Stuart-Mill-Institut für Freiheitsforschung in Heidelberg hat am Dienstag in Berlin seinen neuen Freiheitsindex vorgestellt. Institutsleiterin Ulrike Ackermann teilte mit, daß das „subjektive Freiheitsgefühl mit Blick auf die Meinungsfreiheit auf den niedrigsten Stand seit 1990 gefallen ist“. Sie sprach von einem außergewöhnlichen Wert.
Dem Satz „Haben Sie das Gefühl, daß man heute in Deutschland seine politische Meinung frei sagen kann?“ stimmten in der Befragung 63 Prozent zu. Damit ist der Wert seit 2014 um sechs Prozent gesunken. Gleichzeitig stieg die Zahl derjenigen, die dem Satz „Ist es besser, vorsichtig zu sein?“ zustimmen von 20 auf 24 Prozent. Der zuständige Projektleiter des Instituts, Thomas Petersen, kommentierte dies mit den Worten: „Wir sehen seit 1990 eine schleichende Erosion der Meinungsfreiheit. Man hat das Gefühl, unter Druck zu sein.“
„Die Türken stehen vor Wien“
Eine wachsende Zahl von Deutschen empfindet den Islam als Gefahr. Als größte Bedrohung für die westlichen Werte nannten 35 Prozent „den internationalen Terrorismus“ (Platz 1), 26 Prozent „den Islam“ (Platz 4) und 22 Prozent „zuviel Toleranz bei Parallelgesellschaften“ (Platz 8). Petersen faßte dies mit den Worten zusammen: „Nichts eint die Deutschen so sehr wie der Satz ‘die Türken stehen vor Wien’“. Diese Haltung sei jedoch nicht ausländerfeindlich einzustufen, sondern kulturell begründet und über Jahrhunderte verwurzelt.
Dafür spricht auch die Haltung der Deutschen zu einer alten Aussage des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff: Dem Satz „Der Islam ist ein Teil von Deutschland“ stimmen 63 Prozent aller Befragten nicht zu (West: 60, Ost: 73). Die Ablehnung geht durch sämtliche politischen Lager. Selbst die Anhänger der Grünen lehnen diese Aussage mit 49:40 Prozent mehrheitlich ab.
Der Freiheitsindex, den das Institut jährlich ermittelt, fiel indes besser aus als im Vorjahr. Er stieg von -7 auf -1. Das liege unter anderem daran, daß die Medien wieder positiver über die Freiheit berichteten. Die Zahl der Befragten, die sagt, sie fühle sich „sehr frei“ in Deutschland, ist von 42 auf 51 Prozent gestiegen. Auch der Ruf nach Verboten ist gesunken. (rg)