BERLIN – Der Publizist Hugo Müller-Vogg hat den mangelnden Freiheitswillen der Deutschen kritisiert. Bei der Vorstellung seines Buches „Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient!“ zitierte er Langzeitstudien, die zeigen, daß seit der Wiedervereinigung eine Mehrheit der Deutschen für „mehr Staat“ eintrete. Er nannte dies die „stille Liebe der Deutschen zur Planwirtschaft“.
Müller-Voggs Buch ist eine Generalabrechnung mit der Großen Koalition. Der frühere Mitherausgeber der FAZ erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU, die die Soziale Marktwirtschaft aufs Spiel setze. Mit der Rente ab 63, dem Mindestlohn, der Mietpreisbremse oder der Frauenquote etwa sei die Union „heute meilenweit von Ludwig Erhard und seinen Vorstellungen entfernt“.
Müller-Vogg sieht die Ursache für die dennoch hohe Zustimmung in der Bevölkerung zur der Großen Koalition in der „konsenssüchtigen Haltung“ der Deutschen: „Politik ohne allzu heftigen Streit und ohne sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager kommt der deutschen Mentalität deshalb entgegen.“
Lindner kritisiert Banalisierung der deutschen Politik
Das Buch wurde vorgestellt vom Fraktionschef der Grünen im Bundestag Anton Hofreiter und FDP-Chef Christian Lindner (FDP). Hofreiter fand freundliche Worte für Müller-Voggs-Forderung nach einer höheren Investitionsquote. Der Tenor erinnere ihn jedoch an die Vorstellungen der Fünfziger Jahre, mit denen die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht zu bewerkstelligen seien. Müller-Voggs Antwort: „Einige Dinge von damals gelten auch heute noch – die sind nicht Mottenkiste. Das Argument, daß ich altmodisch bin, nehme ich gern hin.“
Christian Lindner fand zunächst selbstkritische Worte für seine Partei, die „ihrer eigenen freiheitlichen Überzeugung nicht mehr gerecht geworden sei“. Dann kritisierte er, daß die deutsche Öffentlichkeit mit Banalitäten wie der Maut beschäftigt werde, während klammheimlich Waffenlieferungen nach Kurdistan, Mietpreisbremse und Mindestlohn fast ohne Widerstand im Parlament abgenickt würden. (rg)