BERLIN. Nach dem Austritt von Spitzenkandidat Stephan Werhahn bei den Freien Wählern schlagen die parteiinternen Querelen immer höhere Wellen. Am Donnerstag forderte erstmals ein Landesverband den sofortigen Rücktritt von Parteichef Hubert Aiwanger. Die finanziellen und organisatorischen Grundlagen für einen Bundestagswahlkampf seien nicht einmal ansatzweise geregelt, hieß es in einer Mitteilung des saarländischen Landesverbandes.
Stattdessen verschwende Aiwanger viel Zeit und Engagement im gnadenlosen Kampf gegen innerparteiliche Kritiker bis in den kleinsten Ortsverband. Auch der Chef der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, habe die „Führungsdefizite und charakterlichen Schwächen von Aiwanger schnell erkannt“ und deshalb den Weg einer eigenen bürgerlichen und demokratischen Partei beschritten.
Saarland will keine Landesliste zur Bundestagswahl aufstellen
Wenn Aiwanger nicht durch Niederlegung seiner Ämter den Weg für eine Rückbesinnung auf die Grundtugenden der Freien Wähler wie „Demokratie, Seriosität, Verläßlichkeit, Ehrlichkeit und Bürgerverantwortung“ freimache, sei das Schicksal der Partei besiegelt. In der Mitteilung heißt es zudem, führende Funktionäre der Freien Wähler hätten die Partei bereits verlassen oder seien auf dem Sprung.
Der Parteivorsitzende der Freien Wähler im Saarland, Bernd Richter, sagte der JUNGEN FREIHEIT, sein Landesverband werde keine eigene Landesliste zur Bundestagswahl aufstellen. Nach Informationen der JF stehen zudem mehrere Landesvorstände davor, geschlossen zur Alternative für Deutschland überzutreten.
Interne E-Mail: Werhahn übte scharfe Kritik an Parteispitze
Als Grund nannten sie den autoritären Führungsstil von Freie-Wähler-Chef Aiwanger und die geringen Erfolgschancen durch den geplanten Antritt der AfD. Aiwanger nutze den Bundestagswahlkampf nur, um eine größere Öffentlichkeit für die kurz zuvor stattfindende bayerische Landtagswahl zu bekommen.
Auch Werhahn erhob schwere Vorwürfe gegen den Bundesverband der Freien Wähler. In einer internen E-Mail vom Mittwoch, in der er seinen Parteiaustritt rechtfertigte, sprach er unter anderem davon, er wolle sich nicht „verheizen und verbrennen lassen, für vergangene Fehler der Parteispitze“. Durch eine Bündelung „der Kräfte der Euroskeptiker“ hätte man die Chancen für eine erfolgreiche Bundestagswahl wesentlich erhöhen können. „Darüber wurde nicht einmal eine innerparteiliche Diskussion und Gremienentscheidung zugelassen“, kritisierte Werhahn. „Kuba läßt grüßen.“
Eine Anfrage der JUNGEN FREIHEIT zu den Vorwürfen ließ Parteichef Aiwanger bisher unbeantwortet. (ho)