FRANKFURT/MAIN. Der ungarische EU-Sozialkommissar László Andor hat Deutschland eine Mitschuld an der Euro-Krise gegeben. Durch ihre „merkantilistische Wirtschaftspolitik“ habe Deutschland die Ungleichgewichte im Euro-Raum verstärkt. „Deutschland hat im vergangenen Jahrzehnt enorme Lohnzurückhaltung geübt, um für ein, zwei Jahre wettbewerbsfähiger zu werden“, sagte Andor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Dies hätte Folgen für die restlichen Euro-Staaten gehabt. Gleichzeitig drohte er: „Wir haben mit dem Europäischen Semester, mit dem die Kommission nun frühzeitig auch die Wirtschaftspolitik der Staaten überprüft, die nötigen Mittel in der Hand, um gegen Staaten vorzugehen, die nichts gegen die Ungleichgewichte im Euroraum unternehmen.“ Deutschland müsse sich selbst fragen, ob es nach dem Motto verfahren wolle, daß in Europa nicht alle gleich seien.
Kritik am geplanten Betreuungsgeld
Auch kritisierte der Kommissar die niedrige Beschäftigungsquote von Frauen in der Bundesrepublik. Diese sei zwar mit 71 Prozent bei einer Gesamtbeschäftigungsquote von 77 Prozent nicht so niedrig, jedoch fielen darunter viele Teilzeitstellen. Frauen nähmen somit nach wie vor nicht richtig am Arbeitsleben teil. Außerdem setze die Politik in Deutschland die falschen Anreize, beklagte Andor mit Blick auf das Betreuungsgeld.
Der ungarische Politiker sprach sich zudem für eine europaweite Frauenquote in Aufsichtsräten als „Türöffner für die vielen hochqualifizierten Frauen“ aus. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte einen entsprechenden Gesetzesvorschlag erarbeitet. Zahlreiche Länder hatten sich hiergegen gesperrt. (tb)