BERLIN. Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hat die integrationspolitischen Vorstellungen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), als „Unsinn“ kritisiert. Wowereits Buch „Mut zur Integration“ sei eine „Schönwetter-MutmachFibel“, schrieb Sarrazin in einem Beitrag für die Berliner Morgenpost: „Der Einwanderungsdiskussion, wie sie Klaus Wowereit führt, fehlt schlicht das geistige Niveau.“
Er verwende einen unklaren Integrationsbegriff und bescheinige allen Minderheiten ein potentielles Integrationsproblem – egal ob es sich um arme Rentner, Behinderte, Lesben oder Araber handele.
Wowereit setze die fehlende Rampe für Rollstuhlfahrer mit der Straßenkriminalität von Roma aus Bulgarien gleich. Wer aber alles in einen Topf werfe, vernebele die Probleme und rede der Verharmlosung das Wort. „So weit ausgedehnt und bis zur Unkenntlichkeit inhaltsleer kann man seinen Integrationsbegriff in einer Kurzformel zusammenfassen: ‘Seid umschlungen Millionen’“, höhnte Sarrazin.
„Blühender Unsinn“
Gleichzeitig warf er dem stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden vor, zu ignorieren, daß die verschiedenen Einwanderergruppen unterschiedliche Integrationsleistungen aufwiesen. Zudem klammerte er das Problem der Einwanderung in den Sozialstaat aus.
Wowereits Aussage, „ohne Migration wären moderne Gesellschaften gar nicht vorstellbar“, bezeichnete Sarrazin als „blühenden Unsinn“. Die europäischen Länder hätten im 19. Jahrhundert, als sie zu Industriemächten heranreiften, auch über keine wesentliche Einwanderung verfügt, Deutschland sei sogar ein Auswanderungsland gewesen. Er hoffe daher nur, „daß der geistige Anspruch des Regierenden Bürgermeisters weiter reicht, als sein Buch erkennen läßt“, schrieb Sarrazin. (krk)
> Institut für Staatspolitik: Ein Jahr nach Sarrazin. Eine Debatte und ihre Folgen.