BERLIN. Der frühere EU-Kommissionspräsident, Romano Prodi, hat Deutschland vorgeworfen, sich in der Euro-Krise zu zögerlich verhalten zu haben. Man dürfe nicht erst handeln, wenn es zu spät ist, sagte er dem Deutschlandfunk. „Ich werfe Deutschland, einem Land, das ich zutiefst bewundere, vor, daß es in der gegenwärtigen Krise immer zu spät und unzureichend gehandelt hat“, kritisierte der ehemalige Ministerpräsident Italiens.
Griechenland sei zunächst ein kleines Problem gewesen. Die EU hätte Griechenland Haushaltsdisziplin verordnen und mit einer geringen Geldsumme eingreifen müssen. Das sei jedoch nicht geschehen.
Es sei zwar richtig, die anderen Staaten zur Disziplin aufzufordern, sagte Prodi, er wolle allerdings daran erinnern, daß die EU-Kommission unter seiner Präsidentschaft zum Schweigen gebracht worden sei, als sie von Frankreich, Deutschland und Italien mehr Haushaltsdisziplin angemahnt habe.
„Nur ein europäisches Deutschland wird sich weiterentwickeln können“
Von Deutschland verlangte Prodi, seine Stärke so einzusetzen, daß ganz Europa vorwärtskomme. Die Bundesrepublik sei objektiv das stärkste Land in Europa, allein aber werde es in der globalisierten Welt über keine bedeutende Stimme verfügen. „Nur ein europäisches Deutschland wird sich weiter so entwickeln können wie das heutige Deutschland“, warnte der ehemalige italienische Ministerpräsident.
Erst im November hatte der Vorsitzende der Euro-Gruppe in der Europäischen Union, Jean-Claude Juncker, die Deutschen zu mehr Zurückhaltung in der Debatte um die Euro-Krise aufgefordert. Für die Deutschen sei es offenbar bequemer zu sagen, die Menschen im Süden wären faul und die Deutschen würden malochen, kritisierte Juncker gegenüber dem Bonner General-Anzeiger.
„So ist das aber nicht.“ Er empfinde die Debatte um die Zukunft des Euro in der Bundesrepublik, die derzeit mit mehr als 200 Milliarden Euro für andere Euro-Mitgliedsstaaten haftet, deswegen als „störend“. (krk)