Das war’s also mit der Deutschen Volksunion (DVU). Nach einem Beschluß des Bundesparteitages und einer Mitgliederbefragung ist die DVU mit Wirkung zum 1. Januar mit der NPD zusammengeschlossen. Damit endet nach einem einschneidenden Jahr, das auf den Abgang ihres Gründers und langjährigen Vorsitzenden Gerhard Frey Anfang 2009 folgte, die Geschichte einer der schillerndsten Parteien in der Geschichte der Bundsrepublik.
Den zuletzt noch rund viertausend verbliebenen Mitgliedern bleibt nun die Wahl, in der neuen Partei mitzuarbeiten, bei einer anderen Rechtspartei anzuheuern – oder sich aus der Parteipolitik zu verabschieden.
Vorwurf einer „Geisterpartei“ ohne echte Basis
Die meisten Mitglieder werden wohl gar nicht merken, daß ihre Partei nicht mehr existiert. In ihrer besten Zeit Anfang der Neunziger zählte die DVU zwar 26.000 Mitglieder, die alljährlich zum Ärgernis der ebenfalls dort tagenden CSU alljährlich die Passauer Nibelungenhalle füllten, die auch deswegen schließlich abgerissen wurde, weil man sie DVU-Chef Gerhard Frey anders nicht verweigern konnte. Allerdings waren die Mitgliedergrenzen zwischen der Partei DVU, dem parallel existierenden gleichnamigen Verein und seinen zahlreichen Vorfeld- und Rekrutierungsorganisationen, die allesamt vor allem das Leserumfeld der Freyschen Zeitungen mobilisierten, immer unscharf geblieben.
Der Vorwurf der „Geisterpartei“, die ohne echte Basis von Freys Verlagsimperium in der Paosostraße in München-Pasing ferngesteuert werde, hat hier seinen Ursprung. Kandidatensuchen per Zeitungsanzeige vor Wahlantritten trugen nicht gerade dazu bei, diesen Eindruck zu zerstreuen. Paradoxerweise scheint erst der sich regende Widerstand einiger Landesverbände gegen den Fusionskurs des seit 2009 amtierenden Parteivorsitzenden Matthias Faust und das zweifelhafte Zustandekommen des entsprechenden Parteitagsbeschlusses die Existenz eigener Parteistrukturen im Untergang doch noch zu bestätigen.
Mit der NPD verband die DVU von Anfang an ein zwiespältiges Verhältnis. Bereits 1971 als Verein von Gerhard Frey als Auffangbecken für enttäuschte Mitglieder der nach einer Serie von Wahlerfolgen Ende der sechziger Jahre schon wieder zerbröckelnden „alten“ NPD ins Leben gerufen, agierte die Deutsche Volksunion zunächst gegen die sozialliberale Ostpolitik der Regierung Brandt und für einen Machtwechsel im Bund zugunsten der Unionsparteien.
Mit der Begründung, er sei vom Ausbleiben der Kohlschen „geistig-moralischen Wende“ enttäuscht, entschloß Frey sich 1987 zur Umwandlung des Vereins in eine Partei, anfangs noch mit dem Namenszusatz „Liste D“, und vereinbarte eine Kooperation mit der NPD; Beobachter vermuteten schon damals, der Zug sei durchaus im Sinne der Unionsparteien gegen den beginnenden Aufstieg der Republikaner gerichtet gewesen.
Briefkästen mit Wahlwerbung geflutet
Die DVU erzielte dank des massiven finanziellen und logistischen Einsatzes des vermögenden Verlegers Gerhard Frey immer wieder spektakuläre Erfolge, die jedoch nie zur Etablierung als feste Größe in der Parteienlandschaft führten. 1987 zog der erste DVU-Abgeordnete über das Ergebnis im Landesteil Bremerhaven in die Bremer Bürgerschaft ein; das Europawahlergebnis blieb indes enttäuschend. Das Millionendefizit, das die Partei seither zusätzlich an ihren Gründer und Finanzier fesselte und erst vor dem Fusionsbeschluß durch dessen Verzichtsspende aus der Welt geschafft wurde, hat hier seinen Ursprung.
1992 stellte die DVU mit 6,3 Prozent die drittstärkste Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, die nach nur einem Jahr im Streit zerfiel. 1998 flutete Frey die Briefkästen Sachsen-Anhalts mit markig-aggressiver Wahlwerbung und das Land mit Plakaten und verschaffte seiner Partei mit 12,9 Prozent und 16 Mandaten ihren größten Erfolg; auch diese Fraktion zerfiel in Streit und Überforderung und im Versuch einiger Abgeordneter, sich vom Übervater Frey zu lösen. Zur nächsten Wahl trat die DVU nicht mehr an. Die 1999 gebildete Fraktion in Brandenburg war die einzige, die einmal an der Urne bestätigt wurde und nicht zerfiel, aber nach zehn Jahren sang- und klanglos abgewählt wurde.
Das war zugleich der Anfang vom Ende des „Deutschlandpakts“, des zweiten Bündnisses mit der NPD, das diese ebenso wie das erste aufkündigte, als es ihr nicht mehr nützlich schien. So recht wollte das Bündnis ohnehin nie zur DVU passen, deren Gründer und Patriarch eher der bürgerlich-deutschnationalen „alten“ NPD nahestand als der sozialistisch-straßenkämpferischen Voigt-Truppe. Während die DVU sich in Beschlüssen von Skinheads und radikalen Neonazis abgrenzte, verbündete sie sich mit einer NPD, die sich bei ihren Wahlkämpfen auf solche Leute stützte. Ihr strategisches Ziel, die DVU aufzusaugen, scheint die NPD nun erreicht zu haben, da deren Übervater sich zurückgezogen hat; ob es ihr nützen wird, steht auf einem anderen Blatt.
(JF 02/11)