BERLIN. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich von den verbalen Angriffen seines Generalsekretärs Stephan Kramer auf Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) distanziert.
Wie der Zentralrat mitteilte, habe sich Kramer zudem in einem persönlichen Schreiben an Lammert für seine Wortwahl entschuldigt. Dennoch genieße der Generalsekretär nach wie vor das uneingeschränkte Vertrauen des Präsidiums und Direktoriums des Zentralrates, hieß es in einer Mitteilung.
Hintergrund der Angelegenheit war die Weigerung des Zentralrats der Juden, Ende Januar im Bundestag an der zentralen Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Holocaust teilzunehmen.
„Erfüllungsgehilfen des Papstes”
Unter anderem hatte man das Fernbleiben damit begründet, daß die Vertreter des Zentralrates in den vergangenen Jahren nicht gesondert begrüßt worden waren.
Lammert hatte daraufhin verwundert reagiert und gesagt, er habe erst aus der Presse davon erfahren, daß der Zentralrat nicht an der Veranstaltung teilnehmen werde. Kramer bezichtigte Lammert daraufhin der Lüge. Die Bundestagsverwaltung habe Kramer mehrfach versichert, daß Lammert über das Fernbleiben des Zentralrats informiert gewesen sei.
Außerdem bezeichnete er den Bundestagspräsidenten in einem von Michel Friedman im Hamburger Abendblatt geführten Interview als „Erfüllungsgehilfen des Papstes, der offensichtlich lieber Holocaust-Leugnern und Antisemiten die Hände schüttelt“.
„Lammert ist schon lange nicht mehr tragbar”
Lammert hatte Kritikern des Papstes vorgeworfen, sich in der Affäre um Bischof Richard Williamson, der öffentlich Zweifel am Holocaust geäußert hatte, einen „Überbietungswettbewerb“ zu liefern, den er weder für gerechtfertigt noch für fair halte. Kramer forderte deshalb in dem Interview mit Friedman Lammerts Rücktritt:
„Ich halte Herrn Lammert schon lange nicht mehr für tragbar für dieses Land und schon gar nicht in dieser Funktion. Er ist immerhin der zweite Mann im Staat.“ Er habe die notwendige Sensibilität vermissen lassen und verdrehe die Realität. Dies könne man so nicht hinnehmen.
Für Lammert sei die Angelegenheit damit aus der Welt, teilte die Bundestagsveraltung auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. (krk)