BERLIN. Die Auseinandersetzung zwischen der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) Erika Steinbach (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle um die Besetzung des Beirats der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ spitzt sich weiter zu.
In einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung warnte Steinbach Westerwelle am Freitag davor, „Vertrauen bei Nachbarländern durch Opfergaben eigener Bürger oder Organisationen zu erkaufen“. Sie reagierte damit auf Äußerungen des FDP-Politikers, mit denen dieser unter Verweis auf polnische Befindlichkeiten Steinbach zu einem Verzicht auf den von ihr angestrebten Sitz im Beirat aufgefordert hatte.
In der Fernsehsendung „Beckmann“ hatte Westerwelle gesagt: „Bei allem Respekt vor den persönlichen Plänen, aber es geht erstmal um unser Land, und es geht erstmal um die Beziehungen zwischen unseren Ländern.“
„Nicht auf dem Rücken der Opfer“
Steinbach verbat sich in der Bild-Zeitung eine Einflußnahme der FDP auf die Entscheidung ihres Verbandes. „So würde man weder mit den Rechten von Kirchen, Gewerkschaften oder anderen Opferverbänden umgehen. Deshalb läßt sich der BdV das auch nicht gefallen.“ Auf dem Rücken der Opfer lasse sich ein friedliches Miteinander nicht gewinnen.
Sie zitierte den französischen Philosophen und Goethe-Preisträger Raymond Aron: „Der Charakter und die Selbstachtung einer Nation zeigen sich darin, wie sie mit ihren Opfern der Kriege und mit ihren Toten umgeht“.
Die BdV-Präsidentin kritisierte zudem, daß weder Westerwelle noch ein anderer deutscher Außenminister vor ihm „an den Massengräbern der Opfer von Flucht und Vertreibung auch nur einen Kranz niedergelegt“ habe.
Brief an die Kanzlerin
„Die Anteilnahme der örtlichen Bevölkerung dieser Länder ist öfter größer und engagierter als die menschliche Anteilnahme deutscher Politiker. Hier stimmt etwas nicht in Deutschland“, schreibt Steinbach weiter. Es sei Aufgabe Westerwelles, hier die Weichen umzustellen. Dies hat Westerwelle bislang abgelehnt.
Der BdV entscheidet am Dienstag darüber, ob Steinbach für den bislang unbesetzten dritten Sitz des Verbandes im Beitrat des Vertriebenenzentrums nominiert wird. Die Entscheidung muß danach vom Kabinett bestätigt werden.
Unterdessen wächst offenbar innerhalb der Union die Unterstützung für Steinbach. Spiegel Online zitiert aus einem Brief von elf CDU/CSU-Abgeordneten des Europäischen Parlaments an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es müsse eine „Selbstverständlichkeit“ sein, daß dem BdV-Vorschlag gefolgt werde und „Frau Erika Steinbach in den Stiftungsrat entsandt wird und daß darüber nicht der Außenminister entscheidet!“. (ms)