BERLIN: Auf scharfe Kritik aus Kirche und Politik ist die vom ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch geleistete Sterbehilfe an einer 79 Jahre alten Frau in Würzburg gestoßen.
Angeblich hatte die Rentnerin Angst vor dem Pflegeheim und wollte lieber sterben. Deshalb hatte sie sich im April an Kusch und dessen Verein „Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e. V.“ gewandt. Kusch besuchte sie einmal und war am 28. Juni dabei, als die Rentnerin einen tödlichen Medikamentencocktail trank. Wenig später starb sie in Abwesenheit von Kusch.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Vorermittlungsverfahren gegen Kusch eingeleitet. Die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche zeigte sich schockiert über den Vorfall. „Wer einsamen Menschen den Giftbecher reicht, statt ihnen ihre Ängste zu nehmen und sie zu begleiten, bereitet den Weg für eine unmenschliche Gesellschaft“, sagte Bischof Hans Christian Knuth in Kiel.
Hospize weiter ausbauen
Dieser Fall zeige sehr deutlich die Gefahren der sogenannten „aktiven Sterbehilfe“ auf. Der Schutz des Lebens gerade von alten und schwachen Patienten sei angesichts des Würzburger Geschehnisse wichtiger denn je.
„Wir haben die Pflicht, Menschen vor der Selbsttötung zu bewahren und sie nicht noch weiter in die Verzweiflung zu treiben“, sagte Knuth.
Statt Suizidhelfern brauchten kranke und sterbende Menschen Zuwendung und Nähe. Mit modernen Schmerzmitteln ließen sich außerdem Beschwerden vielfach so lindern, daß die Betroffenen ihre letzte Lebensphase menschenwürdig verbringen könnten.
Die Erfahrung von Seelsorgern und Medizinern zeige, daß das Verlangen nach einer aktiven Sterbehilfe bei einem gut ausgebauten Angebot an liebevoller Betreuung und Sterbebegleitung deutlich zurückgehe. Man müsse beispielsweise die Hospize weiter ausbauen, damit jeder Mensch die Möglichkeit habe, in Würde zu sterben.
Hüppe: „Gemeinnützigkeit des Vereins überprüfen“
Scharfe Kritik an Kusch übt auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe. Der Ex-Senator habe die Situation der Frau ausgenutzt, um Selbstdarstellung zu betreiben. Bezeichnend sei, daß der von ihm gegründete und geleitete Verein seinen Namen trägt. Die Gemeinnützigkeit dieses Vereins bedürfe der Überprüfung. „Es fällt schwer, diesem gescheiterten politischen Sonderling mit seiner marktschreierischen PR abzunehmen, daß seine Sterbehilfe-Aktionen auf rein humanitären Motiven beruhen“, sagte Hüppe.
Kusch sei mit seiner früheren Strategie, auf politischem Weg die Sterbehilfe durchzusetzen, nicht erfolgreich gewesen. Die von ihm 2006 gegründete und geleitete Partei „Heimat Hamburg“, die neben der Abschaffung des Leinenzwanges für Hunde auch die Freigabe der Sterbehilfe in ihrem Programm hatte, ist inzwischen aufgelöst. Sie hatte bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im vergangenen Februar lediglich 0,5 Prozent der Stimmen erreicht. (idea/JF)