KIEL. Eine neue Zählweise wird die Anzahl rechtsextremistischer Straftaten in der Kriminalstatistik vermutlich drastisch steigen lassen. Künftig können die Behörden auch solche Straftaten als politisch motiviert einordnen, über deren Hintergrund noch nichts bekannt ist.
Der Direktor des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein, Hans-Werner Rogge, erwartet dadurch eine „erdrutschartige Veränderung“: „Die neue einheitliche Erfassung führt letztlich dazu, daß die Zahl der Straftaten, die als rechts motiviert in der Statistik erfaßt werden, deutlich höher sein wird“, sagte Rogge in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Angeblicher Skandal als Auslöser
Hintergrund ist ein im März von Bund und Ländern als verbindlich beschlossener Zählmodus, in dem Straftaten auch ohne Überprüfung des Tathintergrundes als politisch motiviert erfaßt werden. Bisher mußten entsprechende Vorfälle, wie beispielweise Hakenkreuz-Schmierereien, erst dann als politisch motivierte Taten erfasst werden, wenn der ermittelte Hintergrund dies erforderte.
Zum Skandal kam es Ende vergangenen Jahres, als mehrere Medien von einer angeblichen „Verfälschung“ der Polizeistatistik durch diese gängige Praxis berichteten. So behauptete der Nachrichtensender n-tv, es seien „Nazi-Straftaten vertuscht“ worden. In der Folge mußte der Chef des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt, Frank Hüttemann, zurücktreten, und das Innenministerium Sachsen-Anhallt kündigte eine Änderung der Zählweise an.