WARSCHAU. Aus der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen ist die rechtskonservative PiS als Siegerin hervorgegangen. Nach der Verkündung durch die Wahlkommission erhielt ihr Bewerber, der 42jährige Karol Nawrocki, 50,89 Prozent. Der linksliberale Regierungskandidat Rafal Trzaskowski kommt auf 49,11 Prozent. Nawrocki gilt wegen der Brüsseler Einmischungen in die polnische Innenpolitik als EU-Skeptiker.
Bei der Wahl ging es um die Nachfolge von Staatsoberhaupt Andrzej Duda, der ebenfalls der PiS angehört. Eine Nachwahlprognose von 21 Uhr hatte noch Trzaskowski mit 50,3 Prozent der Stimmen vor Nawrocki mit 49,7 Prozent gesehen. Danach drehte sich der Wind, und je mehr Stimmen ausgezählt waren, desto größer wurde Nawrockis Vorsprung. Die Beteiligung unter den 29 Millionen Wahlberechtigten lag bei 71,7 Prozent.
Polens Präsident hat viel Macht
Der Präsident ist in Polen deutlich mächtiger als in Deutschland. Er ist nicht nur Oberbefehlshaber der Streitkräfte, sondern kann mit seinem Veto auch Gesetze blockieren. Nawrockis Vorgänger Duda hatte in Bezug auf Vorhaben von Ministerpräsident Donald Tusk davon ausgiebig Gebrauch gemacht. Diese gegenseitige Blockade der beiden großen politischen Blöcke in Polen dürfte nun weitergehen.
Zunächst hatte sich Trzaskowski – Kandidat der Mitte-links-Regierung von Polens Ministerpräsident Donald Tusk – auf seiner Wahlparty noch zum Sieger erklärt: „Wir haben gewonnen, auch wenn ich glaube, daß der Ausdruck ‚auf der Rasierklinge‘ in die polnische Sprache Einzug halten wird.“ Der 53 Jahre alte Oberbürgermeister von Warschau gilt innerhalb des Regierungslagers als besonders links.
EU-Kommission wünschte sich Trzaskowski
Auch Nawrocki, den vor der Wahl kaum jemand kannte und der als Parteiloser für die PiS ins Rennen ging, gab sich vor seinen Anhängern zuversichtlich: „Wir müssen in dieser Nacht gewinnen, und wir wissen, daß dies geschehen wird.“ Nawrocki wurden im Wahlkampf zahlreiche Skandale nachgesagt. Neben seinem Wohnungskauf zu einem Dumpingpreis soll er angeblich Verbindungen zur organisierten Kriminalität gehabt haben. Trotzdem schaffte er es überraschend deutlich in die Stichwahl und hat diese nun auch noch gewonnen.
Die EU-Kommission hatte sich einen Sieg des linksliberalen Trzaskowski gewünscht. Mit der PiS, die von 2015 bis 2023 auch den Ministerpräsidenten stellte, lag sie wegen der Justizreformen und der Ablehnung, illegale Migranten ins Land zu lassen, im Dauerstreit. (fh)