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Nachruf: Bestsellerautor Frederick Forsyth: Mehr Mut zu Deutschland!

Nachruf: Bestsellerautor Frederick Forsyth: Mehr Mut zu Deutschland!

Nachruf: Bestsellerautor Frederick Forsyth: Mehr Mut zu Deutschland!

Der britische Bestseller- und Thriller-Autor, Konservativer und Deutschland-Freund Frederick Forsyth in London 2016. Foto: picture alliance/dpa, empics, A. Devlin
Der britische Bestseller- und Thriller-Autor, Konservativer und Deutschland-Freund Frederick Forsyth in London 2016. Foto: picture alliance/dpa, empics, A. Devlin
Kritiker Forsyth: „Jeder Deutsche (wird) verleumdet, der es wagt, sein Land zu lieben.“ Foto: picture alliance, Empics, A. Devlin
Nachruf
 

Bestsellerautor Frederick Forsyth: Mehr Mut zu Deutschland!

Frederick Forsyth war nicht nur der gefeierte Meister des Polit-Thrillers, sondern auch ein großer Deutschlandfreund. Mit geharnischten Worten mischte er sich immer wieder in die hiesige Politik ein – auch in der JF. Nun ist der Konservative verstorben.
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Er war einer der ganz Großen. Neben seinen Landsleuten John le Carré, Alistair MacLean und Len Deighton beherrschte der Brite Frederick Forsyth ab Anfang der siebziger Jahre das Genre der Polit-Thriller, vor allem mit seinen Bestsellern „Der Schakal“ (1972), „Die Akte Odessa“ (1973) und „Hunde des Krieges“ (1974) – alle, wie später weitere seiner Romane, fürs Kino verfilmt. („Der Schakal“ gar dreimal: 1973, 1997 (mit Bruce Willis) und seit 2024 als TV-Serie.) 

Doch der nun am 9. Juni in Buckinghamshire im Alter von 86 Jahren verstorbene Forsyth bleibt nicht nur als Autor fesselnder Verschwörungs-, Agenten- und Söldnergeschichten in Erinnerung, sondern auch als Liberalkonservativer. Das begann schon mit seinen geradlinigen patriotischen Protagonisten. Zwar standen diese nie, wie der Held seines Schriftstellerkollegen Ian Fleming, James Bond, für ein chauvinistisches Großbritannien, aber für eines, an dessen nationaler Sendung als (gemeinsam mit den USA) Rückgrat eines Wertewestens kein Zweifel besteht. Von den (sicherlich realistischeren) Selbstzweifeln an der moralischen Integrität des Westens, wie etwa im Werk John le Carrés, zeigte sich Forsyth dagegen nie angekränkelt. 

Kampfflieger, Journalist, Geheimagent

Das erklärt sich wohl aus dem Lebensweg des 1938 in Ashford in der Grafschaft Kent Geborenen, der von der Herausforderung des Westens im Kalten Krieg geprägt war, an dem er auf dessen Seite teilnahm: erst als Kampfpilot, dann als engagierter politischer Journalist (unter anderem für Reuters und die BBC) in Europa und Afrika sowie als Zuträger des britischen Auslandsgeheimdienstes MI 6, wie er in seiner 2015 erschienenen Autobiographie „The Outsider“ bekannte.

So erlangte er ein politisches Hintergrundwissen, das es ihm ermöglichte, genau recherchierte Reportagen in seine Romane einzufügen und die Dinge mit einem hohen Grad an Realismus zu beschreiben. Zunächst allerdings versuchte Forsyth es mit einem Sachbuch: 1969 erschien „Biafra Story. Bericht einer afrikanischen Tragödie“, in dem er die Hintergründe des (erfolglosen) biafrischen Unabhängigkeitskrieges gegen Nigeria (1967 bis 1970) beschrieb. Danach brachte er es ab 1972 auf 18 Romane, von denen neben den schon genannten wohl „Des Teufels Alternative“ (1979) und „Das vierte Protokoll“ (1984) die bekanntesten sein mögen.

Ungewöhnlich ist seine weihnachtliche Geistergeschichte „Der Lotse“ (1975), für die er aus seinen Erfahrungen als Pilot eines „Vampir“-Düsenjägers der britischen Luftstreitkräfte schöpfte und die 2023 mit John Travolta verfilmt wurde. In Kanada wird die Novelle traditionell zu Weihnachten im Radio vorgelesen und gilt „nach Kritikermeinung … (als) spannend und von besonderer literarischer Qualität“.

„Selbst heute kann ich noch ‘Die Wacht am Rhein’ singen“

Zu Deutschland hatte der fließend Deutsch sprechende Forsyth stets ein inniges Verhältnis – und das ausgerechnet als Folge des Krieges und des Holocausts: „Eines Tages“, schreibt Forsyth, „wurde mein Vater ins Kriegsministerium zitiert. Als er nach Hause kam, machte er ein ungeheuer finsteres Gesicht und blieb 24 Stunden reglos und schweigend. Später erfuhr ich, daß er als Major bei einer Sondereinsatzbesprechung das erste Filmmaterial aus dem KZ Bergen-Belsen gesehen hatte. Er hätte sagen können: Ich will nie wieder einen Deutschen sehen! Er tat es nicht. Er sagte: Dieser Wahnsinn muß ein Ende haben! Und sein Beitrag, der seit Generationen dauernden deutsch-britischen Feindschaft ein Ende zu machen, war, seinen einzigen Sohn nach Deutschland zu schicken.“

So kam es, daß er sich 1952 im Alter von 13 Jahren in Göttingen wiederfand, „wo ich die Ferien als Gast einer deutschen Familie verbrachte – so geschah es drei Jahre hintereinander. Mit 16 hätte ich als deutscher Junge durchgehen können. Selbst heute noch kann ich ‚Die Loreley‘ und ‚Die Wacht am Rhein‘ von Anfang bis Ende singen. Seit jenen Tagen habe ich das Land von der Reeperbahn bis nach Bad Tölz durchstreift, von den Koblenzer Weinstuben bis zu den Ufern der Oder.“

Das half ihm später, als er nach dem Mauerbau zeitweilig auch Korrespondent in Ost-Berlin war.

Bereits Forsyths Weltbestseller „Die Akte Odessa“ (1973) spielte in Deutschland, hat einen jungen Deutschen zur Hauptfigur, und die spannende Verschwörungshandlung um ein geheimes NS-Netzwerk vollzieht sich vor dem Hintergrund des Generationenkonflikts um die deutsche Aufarbeitung des Nationalsozialismus in den Jahrzehnten nach dem Krieg. Allerdings ohne die destruktive politische Instrumentalisierung der Schuldfrage, wie durch die Neue Linke zur Schaffung eines antideutschen Affekts. Forsyths Buch zielt – wenn es überhaupt eine politische Intention hat, denn vor allem ist es einfach ein guter Thriller – vielmehr auf eine Aussöhnung der Deutschen mit sich selbst.   

Forsyth an Kohl: „Wahnsinn“ der Euro-Einführung zu Lasten Deutschlands

Als Konservativen nahmen die Deutschen Forsyth wohl erstmals 1997 wahr, als er mit einem im Spiegel abgedruckten offenen Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl für Aufsehen sorgte. Darin warnte er – wenn auch vergeblich – vor dem „Wahnsinnsweg“ und „fanatischen Ziel“ der Euro-Einführung und ihren „verheerenden“ Folgen für den Westen und seine Werte. Er beklagte nicht nur eine Rede, die Kohl kurz zuvor im belgischen Löwen gehalten hatte und deren Tenor Forsyth mißtrauisch beäugte, da dieser, so schrieb er, laute: „Uns Deutschen ist nicht zu trauen. Also bitte, unsere europäischen Freunde, fesselt uns! Bindet uns wirtschaftlich an euch, damit wir uns nie wieder losreißen und einen europäischen Krieg anzetteln können!“

Vor allem aber sagte Forsyth voraus, daß das Versprechen der deutschen Politik an die eigenen Bürger, der Euro werde „eine harte Währung wie die D-Mark“ sein, nicht zu halten ist. Denn „Frankreich, Spanien, Italien, sie alle frisieren ihre Bücher in einer Weise, die bei Privatleuten sofort das Betrugsdezernat auf den Plan rufen würde. Sie wissen das, Herr Bundeskanzler, auch wenn Ihr Volk es nicht weiß. Selbst für Deutschland ist es so gut wie unmöglich, die Stabilitätskriterien zu erfüllen … Wenn Sie sich auf den Euro einlassen, während Frankreich, Spanien, Italien und Benelux ihre tatsächliche Wirtschaftslage vertuschen, wird der Euro wie ein Stück Butter sein.„

Und das Ergebnis? Forsyth war sich sicher: „Erst großer Jubel, dann die Katastrophe. Inflation, Arbeitslosigkeit, Abwertung. Und wer werden die Hauptleidtragenden sein? Nicht die Belgier, die ihre gewaltigen Schulden an Sie weiterreichen. Nicht die Franzosen, Spanier und Italiener. Nicht die ungewählten Parasiten in Brüssel. Nein, es sind die Deutschen. Sie werden ihr schwerverdientes Geld nach Westen und Osten tragen, bis ihnen nichts mehr übrigbleibt.“ Natürlich aber ignorierte Kohl die Warnung, obwohl sie durch alle Medien ging.

Als Konservativer meldete sich Forsyth auch in der JF mehrfach zu Wort

Als Konservativer meldete sich Forsyth wiederholt auch in dieser Zeitung zu Wort, etwa im Jahr 2000 mit einem zweiten offenen Brief an die deutsche Politik, diesmal einer Warnung vor dem totalitären Charakter der Politischen Korrektheit. Anlaß war heftige Kritik am damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden in Baden-Württemberg (und späteren Ministerpräsidenten) Günther Oettinger, der bei einer Veranstaltung seiner Studentenverbindung in Tübingen „gewagt“ hatte, das Deutschlandlied in allen drei Strophen zu singen.

Forsyth nahm ihn in dem von der JUNGEN FREIHEIT veröffentlichten Brief in Schutz: „Als Konservativer bin ich davon überzeugt, daß es gut und richtig ist, die bewährten Traditionen, Sitten und Weisheiten unserer Vorväter zu bewahren, um die Gegenwart zu erleuchten und die Zukunft zu bewahren … Als ich als Junge in Deutschland weilte, lernte ich rasch den Text des Deutschlandliedes, und es wurde mir klargemacht, was der Dichter Hoffmann von Fallersleben gemeint und wie man ihn auch hundert Jahre lang verstanden hat: Meine Treue schulde ich … ‘Deutschland, Deutschland über alles’.

Natürlich hat dann Hitler für zwölf Jahre diese ursprüngliche Bedeutung in eine Art Herrenrassen-Hymne verkehrt. Aber Hitler pervertierte alles, womit er in Berührung kam: Recht, Gesetz, Geschichte, Kultur, Bildung und ursprünglichen Patriotismus. Alle diese Dinge sind in einer demokratischen Gesellschaft längst wiederhergestellt. Warum aber nicht das Recht, sein Heimatland zu lieben und eben auch zu besingen?“

Deutschlands großer Beitrag zur Weltzivilisation

Und er fragte: „Wissen diese linientreuen Zwerge nicht, daß Deutschland seit vielen hundert Jahren existiert, nicht nur zwölf Hitlerjahre? Wissen sie nicht, daß der Beitrag der Deutschen zur Weltzivilisation tatsächlich unschätzbar ist? Haben sie eine Ahnung von der Länge der Liste der Staatsmänner, Wissenschaftler, Mathematiker, Künstler, Dichter, Musiker, Entdecker, Reformer, Philanthropen und Philosophen, die das deutsche Volk jenseits der zwölf Nazijahre hervorgebracht hat? Wissen sie, daß sich etwa kein britischer Student der Philosophie zuwenden kann, ohne Hegel, Fichte oder Kant zu begegnen; oder der Wissenschaft, ohne Planck, Röntgen, Hahn, Hertz oder fünfzig andere Ihres Landes kennenzulernen; oder der Militärgeschichte, ohne den Genius des Alten Fritz oder Carl von Clausewitz zu bestaunen?

Ist Ihnen nicht bekannt, daß wir bis heute Erwin Rommel respektieren und achten, weil er unsere Kriegsgefangenen so völlig korrekt behandelt hat? Oder daß wir immer noch Männer bewundern wie Pastor Martin Niemöller, Carl Goerdeler, Oberst von Stauffenberg und all jene anderen Helden Deutschlands, die an den Fleischerhaken von Plötzensee von der Hand gewisser Schweine in schwarz (Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist die SS) starben? Können sie nicht akzeptieren, daß Hunderttausende deutscher Konservativer ihr Vaterland liebten und ihm in Anstand und Ehre dienten?“

Politisches Asyl für CDU-Fraktionschef Günther Oettinger

Schließlich warnte Forsyth: „Als Konservativer schmähe und verachte ich die drei politischen Extreme, die ich in meinem Leben kennengelernt habe: Nazismus, Faschismus und Kommunismus sind alle drei pervertierte Abkömmlinge des Sozialismus. Auch sonst haben sie viel gemeinsam; sie sind einer Political Correctness verpflichtet und der Bestrafung eines jeden, der von der vorgeschriebenen Lehre abweicht. Und so funktioniert auch die Politische Korrektheit von heute. Somit sind alle diese vier politischen Orthodoxien dem Konservatismus diametral entgegengesetzt.

Ich glaube, hinter der Maske der Political Correctness und der Schmalspur-nur-keine-Abweichungen-Orthodoxie verbirgt sich ein grundlegender Ekel gegen Deutschland. Dies alleine erklärt das endlose Heraufbeschwören der zwölf Albtraumjahre und die Bereitschaft dazu, jeden Deutschen zu verleumden, der es wagt, sein Land zu lieben.“

Und schließlich bot Forsyth CDU-Mann Oettinger Asyl an: „Wenn Herr Oettinger wieder einmal den Wunsch hat, ihre völlig akzeptable Nationalhymne in allen drei Strophen zu singen, so ist er herzlich eingeladen, es hier bei mir in England zu tun. Ich nehme ihm das nicht übel – solange ich mein ‘God save the Queen‘ dabei murmeln kann. Und hinterher werden wir dann zusammen ein Bier trinken – so und nicht anders sollte es doch schließlich sein!“ Was das Magazin Focus in seiner nächsten Ausgabe als ein „spannendes Angebot“ lobte – freilich ohne zu erwähnen, in welcher Zeitung dieses erschienen war.

2005 forderte Forsyth dann im Stern Bundeskanzler Gerhard Schröder öffentlich auf, zur D-Mark zurückzukehren, und 2010 im Focus die Deutschen, gegen die Entdemokratisierung durch die EU aufzustehen.

Danach wurde es still um ihn. Doch heute zeigt sich, wie richtig er lag, und es bedarf keiner Hellseherei, vorauszusagen, daß die Zukunft diesem konservativen Warner wohl mit jedem Tag mehr recht geben wird.  

Kritiker Forsyth: „Jeder Deutsche (wird) verleumdet, der es wagt, sein Land zu lieben.“ Foto: picture alliance, Empics, A. Devlin
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