WIEN. Das Oberlandesgericht Wien hat den früheren österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vom Vorwurf der Falschaussage freigesprochen. Damit hob das Gericht die im vergangenen Jahr verhängte achtmonatige Bewährungsstrafe wegen angeblicher Unwahrheiten im Ibiza-Untersuchungsausschuß auf.
Kurz war im Jahr 2020 im parlamentarischen Untersuchungsausschuß zur sogenannten Ibiza-Affäre befragt worden. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, bei Aussagen zur Bestellung von Aufsichtsräten der Staatsholding ÖBAG seinen maßgeblichen Einfluß verschleiert zu haben.
Das Landgericht Wien hatte ihn deshalb zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt. Das Oberlandesgericht widersprach am Montag dieser Einschätzung deutlich. Kurz habe in der betreffenden Szene korrekt auf eine Ja/Nein-Frage geantwortet, so die Richter. Eine strafbare Falschaussage liege nur dann vor, wenn eine Antwort objektiv falsch oder absichtlich unvollständig sei – beides treffe hier nicht zu. Aus Videoaufzeichnungen gehe zudem hervor, daß Kurz seine Antwort noch habe ausführen wollen, jedoch unterbrochen worden sei. Eine Fortsetzung sei ihm nicht ermöglicht worden. Der Freispruch ist rechtskräftig.
Kurz‘ Kabinettschef weiter schuldig
Die Verteidigung hatte stets betont, es handle sich nicht um eine Lüge, sondern um eine gekürzte Antwort unter Zeitdruck. Auch der frühere Kabinettschef von Kurz, Bernhard Bonelli, war in erster Instanz verurteilt worden – zu sechs Monaten bedingter Haft. Sein Berufungsverfahren endete anders: Das OLG Wien bestätigte den Schuldspruch.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte auf eigene Rechtsmittel verzichtet. Der Vorwurf einer politischen Voreingenommenheit des Richters in erster Instanz, den die Verteidigung erhoben hatte, wurde vom OLG Wien zurückgewiesen.
Für Sebastian Kurz ist das Verfahren mit dem heutigen Tag abgeschlossen – mit einem vollen Freispruch und einem juristischen Erfolg auf ganzer Linie. (rr)