OTTAWA. Die kanadische Regierung unter Premierminister Justin Trudeau hat dem Parlament ein Gesetzespaket vorgelegt, das unter anderem lebenslange Haftstrafen für Personen vorsieht, die Äußerungen tätigen, die als „Unterstützung oder Befürwortung eines Genozids“ ausgelegt werden können. Mit bis zu fünf Jahren Haft sollen hingegen alle Aussagen bestraft werden können, die als „Haßrede“ eingestuft werden können. Bislang konnte die kanadische Justiz hier lediglich Haftstrafen von zwei Jahren verhängen.
Auch die Definition von Haß ist in dem Gesetzesvorschlag weit gefaßt. Jede Aussage, die „Verabscheuung oder Verunglimpfung beinhaltet und die stärker ist als Verachtung oder Abneigung“ soll entsprechend geahndet werden können.
Neue Richtlinien sollen auch für Internetseiten, soziale Netzwerke und Mobiltelefon-Apps gelten. Inhalte, die „Haß schüren“, zu „Gewalt anregen“, als Mobbing eingestuft werden können oder Kinder dazu anregen, sich selbst zu schaden, sollen möglichst schnell gelöscht werden. Ebenso sollen sich Internetanbieter dazu verpflichtet sehen, „das Risiko zu mindern, daß Nutzer schädlichen Inhalten ausgesetzt“ werden.
Von der Regierung ernannte Kommissare
Noch weiter geht eine andere Forderung. Demnach plant die kanadische Regierung, eine Digital Safety Commission (Kommission für digitale Sicherheit) zu errichten. Jeder Anbieter eines Online-Dienstes müßte dieser Behörde einen Sicherheitsplan vorlegen und diesen genehmigt bekommen. Die Überprüfung würden mehrere „Kommissare“ übernehmen, die von der Regierung ernannt werden und anschließend Teil der Kommission für digitale Sicherheit werden.
Diese Kommissare sollen weitreichende Befugnisse besitzen. So sollen sie anordnen können, welche Inhalte entfernt werden müssen, Einblick in interne Unterlagen der Firmen erhalten, Anhörungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchführen können und Strafen von bis zu zehn Millionen kanadische Dollar verhängen können. Finanziert werden soll die Digital Safety Commission durch Abgaben der Online-Anbieter.
Ausdrücklich soll die Kommission nicht an „rechtliche oder technische Regeln der Beweisführung“ gebunden sein. Alle Angelegenheiten, mit denen sie sich befaßt, sollen hingegen „formlos und zügig“ bearbeitet werden, so „wie es die Umstände und Erwägungen der Fairneß und der natürlichen Gerechtigkeit erlauben“.
(lb)