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Argentinien: Javier Mileis erste Monate: Die Säge kreischt weiter

Argentinien: Javier Mileis erste Monate: Die Säge kreischt weiter

Argentinien: Javier Mileis erste Monate: Die Säge kreischt weiter

Auf dem Foto befindet sich Argentiniens Staatspräsident Javier Milei während einer Rede bei der jährlichen Konservativenversammlung „CPAC“ in den USA. (Themenbild)
Auf dem Foto befindet sich Argentiniens Staatspräsident Javier Milei während einer Rede bei der jährlichen Konservativenversammlung „CPAC“ in den USA. (Themenbild)
Argentiniens Staatspräsident Javier Milei: Außenpolitisch setzt er klar prowestliche Akzente. Foto: picture alliance / NurPhoto | Lenin Nolly
Argentinien
 

Javier Mileis erste Monate: Die Säge kreischt weiter

Sein Wahlsieg überraschte Millionen: Nun muß Argentiniens Staatspräsident Javier Milei seine ersten Reformen verteidigen. Trotz Protesten kann er erste wirtschaftliche Erfolge vorweisen. Von Wolfgang Bendel.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Es sei „das letzte Stück einer heroischen Kraftanstrengung“ – so versuchte Argentiniens Präsident Javier Milei, die Gemüter der Bevölkerung zu beruhigen. Der seit vier Monaten amtierende Bewohner der Casa Rosada, des Präsidentenpalastes in Buenos Aires, verteidigte in einer Fernsehansprache die tiefgreifendsten wirtschaftspolitischen Einschnitte seit Jahrzehnten. Entgegen zahlreichen Erwartungen habe Argentina im ersten Quartal 2024 zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen Haushaltsüberschuß erzielt. „Auf die Kettensäge folgt das Wirtschaftswunder“, erklärte Milei.


Die Wirkung der Kettensäge, mit der der selbsternannte Anarchokapitalist während der Kampagne für seinen Staatsumbau geworben hatte, spüren viele. Keinen Tag nach der Ansprache zogen mehr als 150.000 Menschen auf die Straßen der argentinischen Hauptstadt, um gegen Sparmaßnahmen im Hochschulsektor zu protestieren. „Wir können nur noch zwei bis drei Monate lang den Betrieb aufrechterhalten“, beklagte etwa der Rektor der als prestigeträchtig geltenden Buenos-Aires-Universität, Ricardo Gelpi.

Trotz einer Jahresinflation von 287 Prozent sollte das Budget der staatlichen Hochschulen für das laufende Jahr gleichbleiben. Milei erlaubte sich wenige Kompromisse – und hatte wenige Tage zuvor staatliche Universitäten als „Horte dubioser Geschäfte und der Indoktrinierung“ bezeichnet.

Milei kämpft mit harten Bandagen gegen harte Devisenschulden

Aus seiner Radikalität machte der 53jährige nie einen Hehl. Mit ihm hatten die Argentinier zum ersten Mal weltweit ein sich als libertär bezeichnendes Staatsoberhaupt gewählt. Zu seinen ersten Maßnahmen gehörte die Abschaffung der Hälfte von 18 Bundesministerien. Übrig blieben nur die als notwendig geltenden Ressorts, darunter des Äußeren, der Verteidigung, der Wirtschaft, der Infrastruktur und der Justiz. Die Aufgaben der aufgelösten Ministerien, zum Beispiel für Frauen, Gender und Vielfalt sowie für Umwelt und Entwicklung, wurden in die verbliebenen integriert. Zudem erließ der Politiker wenige Tage nach seinem Amtsantritt im Dezember ein „Megadekret“, welches 366 Deregulierungs- und Kürzungsmaßnahmen beinhaltet.

Noch bleibt die Lage der argentinischen Wirtschaft angespannt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll bis Ende 2024 laut Schätzungen der Weltbank um 2,8 Prozent zurückgehen. Zugleich prognostiziert die Institution für das nachfolgende Jahr ein Wachstum von fünf Prozent – und die monatliche Inflation ging von 20,6 Prozent im Januar auf 11 Prozent im März zurück. „Es gibt keine Alternative zur Sparpolitik“, sagte der Chefökonom der Weltbank für Lateinamerika, William Maloney. Das südamerikanische Land ist seit langem hochverschuldet. Dessen Staatschuldenquote lag zuletzt bei 154 Prozent des BIP. Mehr als zwei Drittel der Forderungen muß Buenos Aires in fremden Währungen abbezahlen.

Linke Staatsinstitute sollen geschlossen werden

Wie die Vorgänger Mileis gewirtschaftet hatten, zeigen die Zustände im Institut gegen Diskriminierung, Xenophobie und Rassismus (Inadi). In einem Bericht des Justizministeriums heißt es unter anderem: „Das Institut verfügte über einen Überbau, der die Effizienz seiner Arbeit nicht gewährleistete. So gab es 7.000 unbearbeitete Akten.“ Dies stünde in krassem Gegensatz zu der großen Anzahl von Mitarbeitern, die dort formell angestellt seien. Zuletzt wurde Inadi auf insgesamt 44 Niederlassungen ausgeweitet und mußte 2.500 Diskriminierungsbeschwerden jährlich bearbeiten.

Damit soll nun Schluß sein, wie Präsidialamtssprecher Manuel Adorni bereits im Februar ankündigte. Die Regierung werde verschiedene Institute schließen, die entweder als „riesige Schmiergeldfonds der Politik“ funktionierten oder Arbeitsplätze für politische Aktivisten schüfen. „Wir müssen alles, was keine Vorteile für Argentinier bringt, endgültig abschaffen“, fügte er hinzu.

Dollarisierung und Beschimpfungen gegen Linke sind Teil der Agenda

Dies soll auch für den Peso gelten. Milei hatte vor der Wahl versprochen, anstelle der argentinischen Landeswährung den US-Dollar einzuführen und zu einem freien Wettbewerb überzugehen. Doch da mußte der Politiker etwas zurückstecken. „Die Dollarisierung ist der letzte Schritt eines ganzen Prozesses, der mit der Reorganisation der Argentinischen Zentralbank beginnt, dann zur Reform des Finanzsystems übergeht und dieses schließlich liquidiert“, teilte er in einem Interview mit dem Journalisten Iván Schargorodsky mit. Zunächst wolle Milei eine Antikorruptionsbank schaffen. „Sobald dies abgeschlossen ist, kann man zu einem freien Bankensystem übergehen“, erklärte er. Die Voraussetzungen dafür seien erst im kommenden Jahr gegeben.

Deutliche Akzente konnte der Präsident hingegen in der Außenpolitik setzen. Durch seine konsequente Unterstützung Israels im Konflikt mit der Hamas erregte er Aufsehen. Auch linksgerichtete lateinamerikanische Amtskollegen kritisierte Milei auf markante Weise, darunter Brasiliens Lula da Silva und Kolumbiens Gustavo Petro. Im letzteren Fall kam es sogar zu diplomatischen Zerwürfnissen, nachdem Milei den ehemaligen Guerillaführer als „terroristischen Mörder“ beschimpft hatte. Petro antwortete mit der Ausweisung einiger argentinischer Diplomaten.

Mileis Handeln zwingt seine Gegner zum Umdenken

Mit seinem Handeln verärgert Milei auch viele Landsleute. „Nicht einmal die Militärdiktatur ist so weit gegangen“, beklagte eine Protestierende im Dezember. Doch nach wie vor kann der Präsident auf einen Vertrauensvorschuß weiter Teile der Bevölkerung bauen. Einer Untersuchung des Instituts Atlas Intel zufolge bewerten mit jeweils 48 Prozent gleich viele Befragte die bisherige Arbeit von Milei positiv wie negativ. Eindeutig positive Noten bekam er für seine bisherigen Handlungen gegen Korruption und Kriminalität. Diese Erscheinungen seien dem Eindruck der Befragten nach seit Dezember zurückgegangen.

Viele Gegner Mileis zwingt dies zum Umdenken. Darunter die Sozialdemokratin Cristina Kirchner, die von 2007 bis 2015 argentinische Präsidentin war. „Diese Erfahrung sollte uns dazu bringen, zu analysieren, was wir getan haben, und Strategien für die Gegenwart sowie Zukunft zu überdenken“, wandte sie sich an ihre Anhänger während eines Interviews.

JF 19/24

Argentiniens Staatspräsident Javier Milei: Außenpolitisch setzt er klar prowestliche Akzente. Foto: picture alliance / NurPhoto | Lenin Nolly
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