BERLIN/BRÜSSEL. Die Forderungen von EU-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley (SPD) nach einer EU-Atombombe sind auf parteienübergreifende Ablehnung gestoßen. Mit Blick auf die Äußerungen des US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump (Republikaner), im Fall eines Wahlsiegs jene Nato-Mitgliedsstaaten nicht mehr militärisch schützen zu wollen, die das Zwei-Prozent-Ziel nicht einhalten, hatte Barley dem Tagesspiegel am Dienstag gesagt: „Auf dem Weg zu einer europäischen Armee“ könne das „ein Thema werden“.
Kritik daran kommt unter anderem von Barleys Parteifreund Ralf Stegner. Zwar sehe auch er eine mögliche Reduzierung der US-Schutzmaßnahmen als Gefahr für die europäische Sicherheit, jedoch sei „nukleare Aufrüstung nicht Realpolitik in der Zeitenwende, sondern im Gegenteil brandgefährlich und verantwortungslos“, sagte er dem Spiegel.
Auch die Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni kritisierte die Forderung Barleys. Sollte Barley damit gemeint haben, daß die Franzosen und die Briten ihre Atomwaffenbestände der EU überlassen, sei das naiv. „Das würde keine der Nationen tun“, prognostizierte Nanni. Stattdessen sollte eine gemeinsame EU-weite Rüstungsindustrie für konventionelle Güter gefördert werden.
Hofreiter: Ohne EU-Armee keine EU-Atombombe
Nannis Parteikollege Anton Hofreiter hält Barleys Idee ebenfalls für unrealistisch und meint: „Eine eigene europäische Nuklearstreitmacht würde einen riesigen Integrationsschritt in der Außen- und Sicherheitspolitik voraussetzen.“ Ohne EU-Streitkräfte sei die Frage nach EU-Atombomben hinfällig, argumentierte Hofreiter.
Auch aus der Union kam es zu Kritik an Barleys Vorschlag. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul sagte, es brauche aktuell „rationale Entscheidungen und keinen Alarmismus“. Das Vorhaben der SPD-Spitzenkandidatin für die kommende EU-Wahl lasse „an ihrem politischen Verstand zweifeln“. (st)