WARSCHAU. Nach dem Ansturm vorwiegend muslimischer Migranten auf Weißrußlands Grenze zu Polen im vergangenen Herbst hat das von der nationalkonservativen PiS regierte Land schnell gehandelt. Ein fünfeinhalb Meter hoher und 187 Kilometer langer Zaun ist fertig errichtet. Ausgestattet mit Bewegungsmeldern und Kameras soll die mächtigste Grenzanlage Europas künftig Masseneinwanderungen verhindern. Das Projekt hat umgerechnet 366 Millionen Euro gekostet.
Warschaus Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte gestern am Übergang Kuznica, die Absperranlagen seien nötig, um die Grenze sicher zu schützen. Damit hat Polen die gesamte über Land gehende Trennlinie zu Belarus abgeriegelt. Die restlichen 231 Kilometer führen durch Seen und Flüsse.
Im vergangenen Spätsommer und Herbst war die Lage in den Wäldern zwischen beiden Staaten eskaliert. Zehntausende versuchten hier, illegal in die EU zu gelangen. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte über organisierte Flüge Ausländer aus Krisenregionen in sein Land geholt und dann an die Grenze zu Polen gekarrt. Migranten übten dort Gewalt und erheblichen Druck aus, den polnische Grenzsoldaten überwiegend abwehren konnten. Sie setzten dabei auch Wasserwerfer ein.
Deutsche Städte boten unterdessen die Aufnahme der Menschen aus dem Grenzgebiet an. Polen verstand dies als Illoyaltiät gegenüber seinem Bemühen, die EU-Außengrenze zu schützen. Lukaschenko dagegen offerierte daraufhin, die Migranten sofort nach Deutschland auszufliegen.
Sperrzone wird jetzt aufgehoben
In dieser Aktion sieht Morawiecki nachträglich den Auftakt für den russischen Angriff auf die Ukraine: „Der erste Akkord dieses Krieges war Lukaschenkos Angriff auf die polnische Grenze zu Belarus.“ Lukaschenko und sein Auftraggeber, Kremlchef Wladimir Putin, hätten damals beschlossen, die polnische Grenze und damit die Ostgrenze der EU zu testen.
Ab heute, zum 1. Juli, hebt Polen die Beschränkungen auf, die bisher für einen drei Kilometer langen Streifen entlang der Grenze galten. Die nationalkonservative Regierung hatte das Gebiet zur Sperrzone erklärt, Ortsfremde und auch Flüchtlingshelfer durften nicht hinein. Ab sofort bestehe keine Notwendigkeit mehr, die Beschränkungen fortzusetzen, erklärte Innenminister Mariusz Kaminski. (fh)