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Spanien: Rechts-Bündnis statt Großer Koalition

Spanien: Rechts-Bündnis statt Großer Koalition

Spanien: Rechts-Bündnis statt Großer Koalition

Veranstaltung der spanischen Partei Vox: In der Region Kastilien-León ist sie erstmals an der Regierung beteiligt
Veranstaltung der spanischen Partei Vox: In der Region Kastilien-León ist sie erstmals an der Regierung beteiligt
Veranstaltung der spanischen Partei Vox: In der Region Kastilien-León ist sie erstmals an der Regierung beteiligt Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Diego Radames
Spanien
 

Rechts-Bündnis statt Großer Koalition

In Spanien ist die Rechtspartei Vox auf Regionalebene erstmals an der Regierung beteiligt. Sie ist Koalitionspartner der konservativen Partido Popular. Das Bündnis der beiden Parteien ist ein Aufbruchsignal und hat ein Erdbeben in Spaniens politischer Landschaft ausgelöst.
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Die Regierungsbeteiligung der spanischen Rechtspartei Vox in der Region Kastilien-León hat ein politisches Erdbeben in ganz Spanien ausgelöst. Galt es bisher als ausgemacht, daß ihr keine institutionelle Macht zufallen dürfe, so ist die „Brandmauer gegen Rechts“ nun durch die Koalition mit der konservativen Partido Popular (PP) gefallen.

Die christdemokratische PP, die eigentlich einen Mitte-Kurs einschlagen wollte, gibt sich indes zurückhaltend. Mit ihrer Bereitschaft, erstmals mit der Vox zu koalieren, wagt sie nicht nur ein Experiment, sondern sendet auch ein Aufbruchsignal an den Rest des Landes. Die beiden Parteien waren sich in der Vergangenheit nicht immer grün. Für die Vox, die für einen strikten Kurs in Sachen illegale Migration, Islamkritik und ein traditionelles Familienbild steht, ist die gemäßigtere PP die „derecha cobarde“, die „feige Rechte“.

Vox-Parteichef Santiago Abascal präsentiert sich hingegen als Mann des Volkes. So macht er sich etwa für die Belange von Bauern stark, die angeblich von der Politik ruiniert werden. Dafür steigt er bei Demonstrationen auch mal selbst auf den Traktor. In den ländlichen Gebieten verbucht die Partei die größten Erfolge.

Koalition vertieft politische Gräben

Aufgrund ihres angespannten Verhältnisses ist es also umso erstaunlicher, daß Vox und PP nun doch zusammengefunden haben. Ein Alternativpartner für die Christdemokraten wäre da gewesen. Rein rechnerisch hätte es auch eine übergroße Mehrheit für ein Bündnis mit der sozialdemokratischen PSOE gegeben. Anders als in Deutschland, sieht die politische Kultur in Spanien aber keine „Große Koalition“ vor. Zu tief sitzt das Denken, die politischen Ausrichtungen rechts und links ließen sich nicht vereinen, sondern stellten zwangsläufig Antipoden dar. Mit dem Entschluß, lieber eine konservativ-rechte Regierung als eine „Catch-all“-Koalition zu stellen, vertiefen sich nun die Gräben zwischen den politischen Blöcken.

Viele Bürger wähnen sich wohl gerade in einem Déjà-Vu. Erinnert diese nun zementierte Blockbildung doch an den Vorabend des Spanischen Bürgerkrieges 1936-1939. Die Kämpfe sowie die anschließende Diktatur unter dem Militär Francisco Franco sind in der spanischen Politik heute noch allgegenwärtig. Die Erinnerung an diese Zeit prägt den politischen Diskurs lagerübergreifend entscheidend mit.

Linke kritisieren Vox als „verlängerten Arm des Franquismus“

So darf es auch nicht verwundern, daß die Vox vom Milieu links der Mitte sowie im Baskenland und Katalonien als vermeintlicher Wiedergänger des Franquismus auf Ablehnung stößt. Die Partei ist für viele das bedrohliche Schreckgespenst einer dunklen Epoche, die man hoffte, zusammen mit Franco für immer begraben zu haben. Dies liegt nicht zuletzt an den Kernforderungen der Vox, die unter anderem auf die Abschaffung der Selbstverwaltung der autonomen Regionen zielt und diese durch einen starken Zentralstaat ersetzen will, wie es auch in der Diktatur der Fall war.

Entsprechende Positionen sind freilich Wasser auf die Mühlen derer, die in der Partei ohnehin schon den politischen Arm des Franquismus sehen. Allerdings hält sich auch die Vox gegenüber ihren Kontrahenten nicht mit scharfen Vergleichen in Bezug auf den Bürgerkrieg zurück. So bezeichnete sie Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez von der PSOE etwa als Unterstützer eines „verbrecherischen Regimes, das von Sozialisten und Kommunisten kontrolliert wurde und

schuld am Bürgerkrieg war“. Gemeint ist die damals gewählte Regierung, als Spanien noch Republik war. Ein Schema also, das sich im gegenseitigen Umgang miteinander ständig wiederholt.

Ausbau der Zusammenarbeit könnte Signalwirkung haben

Spanien gibt sich seit Jahren als modernes und weltoffenes Land, das ganz vorne mitspielt, was liberale Gesellschaftspolitik angeht. So war etwa die „Homoehe“ dort längst legal, als sie in Deutschland noch gar nicht zur Debatte stand. Die Erfolge der Vox können wie bei den anderen im vergangenen Jahrzehnt aufgekommenen europäischen Rechtsparteien als Reaktion auf diesen Progressivismus betrachtet werden.

Die Koalition von PP und Vox auf Regionalebene wird nun für viele Wähler ein Testlauf, die sich auch landesweit eine konservativ-rechte Regierung wünschen. Falls die beiden Parteien in weiteren Regionen Bündnisse eingehen, hätte dies über die Landesgrenzen hinaus Signalwirkung und würde das rechte Lager in Europa stärken.

Veranstaltung der spanischen Partei Vox: In der Region Kastilien-León ist sie erstmals an der Regierung beteiligt Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Diego Radames
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