Was beabsichtigt Wladimir Putin mit seinem Angriff auf die Ukraine? Welche Fehler hat der Westen gemacht, die zum Entstehen dieser Situation beitrugen? Und wie könnte ein Weg aussehen, der aus dem aktuellen Dilemma herausführt? JF-Chefredakteur Dieter Stein diskutiert mit dem Putinbiographen und Rußland-Experten Thomas Fasbender, dem ehemaligen EU-Diplomaten und Osteuropa-Experten Albrecht Rothacher sowie dem Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperten Martin Wagener.
Der Westen habe nicht verstanden, wie ernst Putin das meint, was er sagt, betont der Sicherheitsexperte Martin Wagener. Aus russischer Sicht sei die Entwicklung auf so etwas wie eine De-facto-Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato hinausgelaufen. Dadurch hätten die Russen das Gefühl bekommen, dass man ihnen ihren Puffer wegnehmen wolle, der sie jahrzehntelang geschützt habe. Aus Putins Sicht sei das zu viel gewesen, so Wagener. Zudem gibt der Sicherheitsexperte zu bedenken, dass die USA es ebenfalls kaum akzeptieren würden, wenn Hunderttausende russische Soldaten auf Kuba oder chinesische Truppen in Mexiko stationiert würden. Aus dieser Sicht hätten die Russen auch das Recht zu sagen, daß westliche Truppen in ihrem „unmittelbaren Hinterhof“ nichts zu suchen haben.
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Einen EU-Beitritt der Ukraine erwartet der Europa-Experte Albrecht Rothacher nicht. Ein solcher Beitritt würde lange Verhandlungen in vielen Politikfeldern erfordern. Es gehe dabei um EU-Recht, das von Beitrittsländern umgesetzt werden müsse. Und das ginge nicht von heute auf morgen, so Rothacher. Die eigentliche Bedrohung für Putin sei nun die russische Oberschicht, die erheblich unter den Sanktionen des Westens zu leiden habe, und Putin zum Rückzug drängen werde, vermutet der Osteuropa-Kenner.
Putin-Biograph Thomas Fasbender gibt abschließend zu bedenken, daß – unabhängig vom Kriegsausgang – Rußland und die russischen Interessen bestehen blieben. Und da sei es besonders bedenklich, dass jetzt alle Kontakte gekappt würden und eine neue Eiszeit zwischen Rußland und dem Westen anbreche, so Fasbender.